das mädchen, das die welt veränderte | buchbesprechung

03 Mai 2017

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Was geschieht, wenn der letzte Funken Menschlichkeit aufgebraucht ist? Die kleine Marie begibt sich auf eine fantastische Reise, um dies zu ergründen. 

Marie ist acht Jahre alt. Von Hunger und Krankheit geschwächt, erlischt ihr Leben, noch bevor es richtig begann. An einem wundersamen Ort wacht sie jedoch wieder auf und trifft einen alten Mann. Dieser erklärt ihr, dass die Menschen ihn zutiefst enttäuscht haben und deshalb dem Untergang geweiht seien. Marie fleht um eine letzte Chance für die Menschheit. Der alte Mann willigt ein und schickt Marie auf die Reise. Sie solle jemanden finden, der die Antwort auf die Frage aller Fragen kennt – nur dann sei die Welt noch zu retten.
Doch gibt es überhaupt einen Menschen, der die Antwort kennt? Oder ist es längst zu spät?


Der Riverfield Verlag hat mir diesen Schatz hier zukommen lassen und ich bin unendlich dankbar, dieses Buch erlebt zu haben. Es gibt nicht viele solche Bücher wie Das Mädchen, das die Welt veränderte und zu meinem Glück habe ich doch schon einige davon gelesen - meine ich zumindest.  Sie alle haben mich geprägt und gehören zu meinen Lieblingen (Den Mond aus den Angeln heben, Hectors Reise oder die Suche nach dem Glück). Bücher, die eigentlich vom Schreibstil her nicht besonders herausstechen, aber eine philosophische Note haben, die einem über den Inhalt nachgrübeln lässt. Der einfache Schreibstil ist hier extrem geeignet. Im Mail, welches ich vom Riverfield Verlag aus Basel bekommen habe, hiess es, dass das Buch auch schon mit dem kleinen Prinzen verglichen worden ist, und auch ich stimme dem zu. Wie der kleine Prinz ist Marie noch ein Kind, das die Welt mit ganz anderen - vielleicht sogar etwas naiven Augen, wahrnimmt. Marie erhält eine Blume, Isabelle, mit der sie eine Reise in die Vergangenheit antritt und die Antwort auf die Frage aller Fragen sucht. Wie auch beim kleinen Prinz ist die Geschichte wohl für jedes Alter gedacht, von jung bis alt. In einem Mail, das ich erst vor zwei Tagen erhalten habe, wurde mir ein PDF mit Hintergedanken von Alfonso Pecorelli zum Buch zugeschickt. Ich danke ihm ganz herzlich, es hat mich sehr berührt, was Sie geschrieben haben und ich bin mehr als froh, dass ich dieses Buch lesen konnte und es alles, was Sie sich erhofft haben, in mir hervorgerufen hat. Maries Zauberblume Isabelle hat magische Kräfte. Jedem Menschen dem das Mädchen einen Besuch abstattet, darf sie eine Blüte von der Blume geben, diese gibt dem Beschenkten dann magische Kräfte, die zu einer Erfindung, oder zu einem wichtigen Schritt in der Geschichte der Menschheit führen. 

"Wenn das Leben sinnlos ist, warum suchen denn alle Menschen nach einem Sinn?
Man sucht doch nichts, dass man nicht zu finden hofft."


Marie reist in verschiedenen Zeiten zu verschiedenen Männern - keine Frau (...) ist darunter, was  von Marie selbst auch erwähnt wird und mich schmunzeln liess. Alfonso Pecorelli ist sich sehr wohl bewusst, dass es in der Weltgeschichte wenige Frauen gab, die als wichtige und ausschlaggebende Erfinderinnen oder Denkerinnen benannt wurden. Und vielleicht gerade deswegen stattet Marie  nur männlichen Wesen einen Besuch ab.  Sie reist zusammen mit Isabelle, ihrer weiblichen Begleiterin,  im Auftrag von Onkel Elvis - hier ein schönes Zitat von Anfang Buch und der ersten Begegnung der beiden:

"Wer bist du?", fragte Marie leise und schüchtern.
"Ich bin alles", antwortete er. Marie machte grosse Augen. "Du bist alles?"
"Ja, alles, mein Kind, das Erste und das Letzte."
"Hast du keinen Namen?" Er musste lachen.
"Haha ... Ich habe viele Namen und keinen Namen! Aber nenn' mich einfach Elvis!"

Diese Textstelle zeigt so wunderbar, wie ahnungslos und doch klug unsere Marie ist. Marie hinterfragt alles und bittet jeden ihr eine einfach verständliche Antwort zu geben.  Jedem der Männer stattet sie zwei Besuche ab. Beim ersten übergibt sie ihnen eine Blüte, beim zweiten sind sie bereits erfolgreich und haben eine "Erleuchtung" gehabt. Sie reist zu Platon, der ihr von seinem Höhlengleichnis berichtet. Sie geht zu Bischöfen in Kathedralen und zu Mönchen in Klöstern. Sie begibt sich in die Zeiten des dreissig jährigen Kriegs und begegnet dort René Descartes, dem Vater der heutigen Philosophie. Von ihm stammt der berühmte Satz: Cognito ergo sum. Ich denke, also bin ich. Marie trifft weitere berühmte Philosophen und Denker wie Rousseau, oder Immanuel Kant. Sie trifft Charles Darwin, der die Evolutionstheorie aufgestellt hat und Sigmund Freund, der Mann, der uns sagte, dass das Unterbewusstsein über den Menschen bestimmt. Sie alle sind nicht nur zu ihrer Zeit berühmt gewesen, sie sind auch heute noch wichtige Namen. Viele neue Entdeckungen beruhen auf dem Grundsatz ihrer Fakten. Alfonso Pecorelli hat diese Männer geschickt gewählt, sie alle sind vor allem berühmt für ihr grossartiges Denken und trotzdem schafft es keiner von ihnen Marie die Antwort auf die Frage aller Fragen zu geben. Das sie alle Genies sind, ist dies umso erschreckender. Sie sind  so klug, aber eben nur mit dem Verstand und haben kein reines Herz. Sie haben ihre Angst nicht besiegen können.

"Was nützt den Menschen alles Wissen, wenn sie das Wesentliche dabei vergessen?"


Ich möchte die wunderschönen Illustrationen im Buch loben. Selten habe ich Literatur besessen, die so zauberhaft schön in meinen Händen lag, wie dieses Buch. Jan Reisers Bilder passen ausgezeichnet zu Maries Geschichte und verderben einem die eigenen Bilder im Kopf auf keinen Fall, viel mehr sind sie eine Gedankenstütze. Jedes Mal als ein neues Bild kam, flog mir ein Lächeln übers Gesicht. Das Buchcover passt daher überhaupt nicht zum übrigen Werk. Weder zum Inhalt, noch zu den restlichen Illustrationen innerhalb des Buches. Das Cover ist zu farbig, zu kitschig und zu banal. Wenn ich das Buch nach seinem Cover beurteilen würde, dann käme mir eine kitschige und esoterische Geschichte in den Sinn. Und das ist dieses kleine Meisterwerk wirklich nicht. Sehr schade! Die Qualität des Druckes ist aber wunderbar. Die Seiten sind dick und angenehm umzublättern, sie lassen die Zeichnungen von Jan Reiser regelrecht leuchten. Riesen Kompliment. Auch und vor allem natürlich an Alfonso Pecorelli. Der Autor aus Basel hat es geschafft mich für Maries Rettung der Menschheit zu begeistern. Er hat meinen grössten Respekt verdient, alle Philosophen haben das. Ihr seid so kluge Menschen und beeindruckt mich mit euren Gedanken. Ich bin so glücklich und froh darüber, dass es solche spannenden, gescheiten und inspirierende Menschen gibt. 

"Der Mensch ist ein kluges Tier, das sich jedoch zugleich selbst
völlig überschätzt. Denn sein Verstand ist nicht auf die grosse Wahrheit,
sondern nur auf die kleinen Dinge im Leben ausgerichtet."


Marie macht mit allem Bekanntschaft. Mit dem Guten und mit dem Bösen. Sie lernt die Dunklen Seiten der Menschen kennen aber vorwiegend die Schönen - sie ist die wohl herzlichste Protagonistin, die mich je auf eine Reise mitgenommen hat. Das Buch von Alfonso Pecorelli lässt mich zwischen den Zeilen lesen, es lässt mich Nachdenken und philosophieren. Die Geschichte gibt mir Kraft und ist dabei so wahr und einfach gehalten, dass ich mich nicht entscheiden kann, ob ich beim Beenden todun- oder endglücklich sein sollte. Ein wunderbares Werk, ich bin so froh diese kurze Story gelesen zu haben, sie hat mir ganz viel Mut gegeben, mich weitergebildet und meinen Tag versüsst. Danke! Eine magische Geschichte, die Leben verändern kann, weil sie Hoffnung gibt, ohne je die Abgründe des menschlichen Seins zu leugnen. 


Vielen herzlichen Dank an den Riverfield Verlag für dieses Rezensionsexemplar und die lieben Hintergrundinformationen zum Buch!
3 Kommentare
  1. Das Buch klingt großartig und wandert daher gleich auf meine Wunschliste.
    Danke für die Empfehlung! <3

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    1. Das freut mich riesig! Ich hoffe es gefällt dir! <3

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  2. Das muss ich auch unbedingt lesen

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