Zwei oder drei Dinge die ich dir nicht erzählt habe ~ Joyce Carol Oates

15 Januar 2015

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Zwei oder drei Dinge, die ich dir nicht erzählt habe ~ Joyce Carol Oates
Genre: Real-Life
Verlag: Hanser
Seitenanzahl: 270 Seiten
Fassung: Broschiertes Buch
Original: Two or three things I forgot to tell you, Englisch
Übersetzerin: Brigitte Jakobeit
Preis: 15,90 Euro [D]


Es ist das letzte Schuljahr für Merissa,  Tink und Nadja, die Weichen werden gestellt. Merissas Zukunft sieht rosig aus: Sie ist beliebt und ehrgeizig, schreib in jedem Fach Bestnoten, engagiert sich im Theater-Club und hat  den Studienplatz schon sicher. Tink dagegen gibt sich unnahbar und rebellisch, sie lässt sich weder von Lehrer, Eltern noch Mitschülern was sagen. Die schüchterne Nadja bewundert im Stillen Tinks Selbstbewusstsein.  Sie selbst kann sich gegen Angriffe und Mobbing nicht zur Wehr setzen. Dass alle drei Mädchen mit Ohnmachtsgefühlen kämpfen, versuchen sie sogar voreinander geheim zu halten. Bis sie dem wachsenden Druck nicht mehr standhalten und nach einem Ausweg suchen.


Zwei oder drei Dinge, die ich dir nicht erzählt habe, ist ein besonderes Buch. Man merkt schon dem Titel an, dass hier drin nichts vorgelogen wird, obwohl das ja eigentlich Ironie pur ist. Das schlichte Cover erweckt immer wieder meine Aufmerksamkeit, das ebenmssige Gesicht, rein wie aus dem Wasser, hat sich in mir eingepräft, der Zickzackgenähte Rand ebenso. Die Schrift gefällt mir mit der Zeit immer mehr, und das Cover ist einfach atembeaubend schön, auf den zweiten Blick, was mir wahnsinnig gut gefällt.

Denn selten habe ich ein Cover gesehen, das so gut auf die Geschichte passt. Nicht, weil eine der Protagonistinnen etwa genau solche blaue Augen, zarte Haut und rote Lippen hat. Sondern weil das  Gesicht wie die Geschicht' von Ehrlichkeit aber auch Verwundbarkeit nur so spriesst.

Joyce Carol Oates ist ein grosser Name, meine Mutter hat das Buch in der Jugendabteilung gesehen und sich  an all ihre Büchre von Joyce Carol Oates erinnert, und mir Zwei oder Drei Dinge, die ich dir nicht erzählt habe, spontan gekauft, was wohl einer der besten Entscheide war.

Man kann nicht behaupten, man spürt den atemlosen Flow des Buches, wird magisch davon angezogen und kann es nicht mehr zur Seite legen. Es ist mehr so psychisch, dass man immer weiterlesen muss, dass man immer mehr des Schicksals und Lebens von Merissa, Tink und Nadja aufsagen, erfahren  will.

Der Schreibstil kommt nicht gewöhnlich daher, er ist nicht nur sonderbar, sondern auch grundehrlich frei, irgendwie. Er bringt dich dazu, Nachzudenken, was du vom Leben willst. Er bringt dich dazu, die Protagonistinnen zutiefst verstehen zu wollen. Aber das kannst du nicht. Joyce Carol Oates hat es wohl darauf ausgelegt, die Charaktere nicht greifbar zu machen. Es scheint, als habe sie die authentischsten Charaktere entworfen, die die Welt je gesehen hat, und gleichzeitig sind sie so ungewöhnlich, dass sie überhaupt nicht realistisch rüberkommen.

Es ist so ein komisches Dings mit diesem Buch. Ein Dings. Ich kann gar nicht in schlaue Worte fassen, was Zwei oder drei Dinge, die ich dir nicht erzählt habe in mir ausgelöst hat. Ein Dings. Ein Dings ist mit dem Buch, und genau wegen diesem Dings soll jeder das Buch lesen, die Liebe, die dahintersteckt erfahren und den Hass spüren. Man muss sich an das Buch wagen, man soll nicht einfach beschliessen, es jetzt und sofort zu lesen. Man soll es kaufen und neben sich legen und die Kraft spüren, die vom Buch ausgeht. Und wenn du glaubst, du hast die ganze Kraft dieses Buches, die Kraft der Ausstrahlung vollständig aufgesammelt, dann lies es. Und wundere dich  darüber, wie im Laufe des Lesens die Kraft vollendet wird.


Andererseits ist Tink nicht wirklich  verschwunden. Sie ist fort und doch...
Es ist, als reisse man ein Streichholz an und die Flamme erlöscht, aber dennoch riecht man den heissen, beissenden Schwefelgeruch und man weiss, da ist irgendwo ein  Feuer, auch wenn man es nicht sieht.




Mama, Gott, was bin ich dir dankbar!

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