mai 2017 | monatsrückblick

31 Mai 2017

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allgemein

Im Mai haben wir beide endlich einmal wunderschöne Frühlingsmomente teilen können! Die Schule hat wieder angefangen und trotzdem fühlen wir uns soweit so gut; das Wetter macht so viel aus. Wie erstaunlich, wie man jedes Jahr im Sommer feststellen kann, wie viel freundlicher die Leute zu einem sind als im Winter. Diesen Monat haben Mara und Anaïs vor allem am Wochenende viel unternommen. Mara war am Lauter Festival und gemeinsam waren sie an verschiedenen Geburtstagspartys und haben das schöne Wetter genossen. Die ersten Abende am See haben wir gemeinsam mit unseren Freunden, guter Musik und leckerem Essen bei wunderschönen Sonnenuntergänge verbracht und über Auffahrt sind wir sogar an einem Fluss campen gegangen. Wir haben es sehr genossen endlich wieder draussen Zeit zu verbringen. Weiter haben wir Mitte Mai eine Veranstaltung über das Buch 'Boys don't cry' von Jack Urwin besucht, diese war nachdem wir das Buch beide schon beendet haben, leider nicht ganz so aufschlussreich wie erhofft. Aber mehr dazu erfährt ihr in einem nächsten Post, der dann im Mai folgt. Eine ganz tolle Begegnung hatten wir auch im 'Kein und Aber' Verlagshaus in Zürich, in das wir netterweise eingeladen wurden. Wir hatten schöne Gespräche und durften auch ganz tolle neue Schätze in unsere Bibliothek aufnehmen. Hoffentlich werden sie so bald wie möglich gelesen und dann für euch rezensiert - ihr könnt gespannt sein, sie sollen wirklich gut sein. Wie krass, dass morgen einfach schon der erste Juni ist! Das ist nämlich Anaïs Geburtstag und mit ihm beginnt schon der sechste Monat des Jahres. Nearly the halfway done. Wow.

bücher

anaïs:

Boys don't cry, Jack Urwin
Mich hat dieses Buch sehr gespalten. Ich fand es wahnsinnig aufschlussreich und unglaublich wichtig, dass es geschrieben wurde. Viele meiner Denkanstösse sah ich in meinem Buch zu Ende gedacht, aber leider nicht richtig ausgereift. Die Männlichkeit als Problem der heutigen Gesellschaft, die starken Männerrollen und die harte Kritik am Mann - alles wird von Jack Urwin behandelt. Für mich hat es einfach zu viele Wiederholungen gehabt, Themen sind nicht richtig tiefgründig besprochen worden und leider gab es einfach von allem etwas zu wenig. Dennoch ein wichtiges Buch für die Gesellschaft vom Jahre 2017.

Salz für die See, Ruta Sepetys
In dieser livresque amitié Besprechung seht ihr, was ich zu diesem Buch zu sagen habe. Noch jetzt denke ich oft daran, es hat mich begeistert.

konzerte + musik


mara:


Lauter Festival:
Zürich ist eine sehr teure Stadt - und dennoch hat sie auch viel zu bieten, wenn man umsonst/für wenig Geld Spass haben möchte. Einige Beispiele sind die vielen Badis (Eintritt ca. 3 Franken) und Badestellen (an Fluss oder See gratis), der Gratis-Veloverleih und zu einer bestimmten Zeit im Jahr auch das Lauter Festival. Demnach zeigt es auch nicht wirklich bekannte Musiker_innen, bietet dafür aber viel Spass und ein buntes Zusammenkommen vieler Leute, die Atmosphäre ist wirklich grossartig. Wer übrigens Ferien hier plant und noch weitere Ideen möchte, kann sich über vielerlei gratis Events informieren (www.zuerichunbezahlbar.ch/) oder einfach mal die Buchhandlungen in Zürich auschecken, die wir euch monatlich hier vorstellen (klick)

anaïs:
Diesen Monat ist mir musikalisch eigentlich nichts wirklich Neues begegnet und auch an einem Konzert war ich nicht. Nachdem ich eine handyfreie Woche gemacht habe, konnte ich auch nicht gross Musik hören und wann doch dann habe ich hauptsächlich in alten Playlists von letztem Sommer herumgestöbert und mich dort vergnügt. 



filme
anaïs:


Ich wollte eigentlich einen eigenen Post über diesen Film Ende Mai machen, mich aber schlussendlich doch dagegen entschieden und habe euch nun hier eine kleine Review zum Film: 
Ich habe diesen Film am perfekten Kinotag gesehen - in den Ferien an einem Regentag. Ich bin mit meiner lieben Freundin ins warme Kino geflüchtet und nach ewigen Zeiten haben wir es endlich geschafft Lion anzusehen. Lion ist wohl einer der besten und berührendsten Filme, die ich je gesehen habe. Es geht um Saroo, ein indischer Junge, der von seiner Mutter und seinen Geschwistern getrennt wird und nicht mehr nachhause findet. Der Kinofilm ist in zwei Teile gegliedert: In einem ersten Teil sehen wir den kleinen Saroo sein zuhause suchen. Er stammt aus sehr armen Verhältnissen und ist oft mit seinem älteren Bruder unterwegs um etwas zusätzliches Geld zu verdienen. Der geht einmal für eine Woche weg und nach einem Zögern beschliesst er den kleinen Saroo auf diese Reise mitzunehmen. Diese Reise wird ihm zum Verhängnis, an einem Bahnhof steigt der Junge alleine in einen Zug, in dem er der einzige Mitfahrer ist. Mehrere Tage reist er in diesem Zug und kommt nicht mehr raus, da ihm niemand die Türen öffnet, schliesslich kommt er über 1500 Kilometer weiter in einer Stadt an, in der Bengalisch gesprochen wird, er kann nur Hindi. Der Film hat wunderschöne Aufnahmen! Sie zerbrechen einem das Herz. Junge Kinder, die alle ihr Zuhause verloren haben, schlafen in Bahnhofsunterführungen auf Kartonschachteln, Menschenmassen, die den sechs jährigen Jungen nicht beachten - so viele Farben und so viel Armut. Irgendwann kommt der kleine Junge in ein Kinderheim und wird dann von einer australischen Familie adoptiert. Er reist mit einer Flugbegleiterin nach Australien und wird dort von seinen neuen Eltern empfangen. Die Schauspieler sind wahnsinnig gut, als Zuschauer_in hat man sofort gemerkt, wie unglaublich lieb sie Saroo schon am ersten Tag bekamen. Der zweite Teil des Films ist ein Zeitsprung von zwanzig Jahren, vor uns ist ein gut aussehender, junger Mann, gespielt von Dev Patel. Er beschliesst sein Studium zum Hotel Manager an einem anderen Ort zu machen und trifft dort verschiedene junge Leute, unter anderem auch Inder. Im Film wird das so dargestellt, dass er dann durch diese Menschen da erst richtig beginnt seine Vergangenheit zu durchforsten und seine Familie in Indien zu suchen. Saroo beginnt systematisch alle Bahnhöfe in einem gewissen Umkreis zu durchforsten und auf Google Maps abzusuchen, und herauszufinden, ob er den richtigen Bahnhof gefunden hat, oder nicht. Mich hat der Film zusätzlich aufgewühlt, da ich selber zwei ganz enge Freunde habe, die aus Indien adoptiert wurden und ich von ganz nah miterlebt habe, wie schwierig es ist, in einem neuen Land aufzuwachsen, nicht zu wissen, woher man kommt und sich fragt, was man eigentlich hier zu suchen hat. Saroos Geschichte wurde uns so authentisch erzählt, alles so gefühlvoll und eben mit wunderschöner Kameraführung. Es gab Dialoge im Film, die so unglaublich berührend waren, dass man sich die Tränen einfach nicht zurückhalten konnte. Meine Freundin und ich sassen gemeinsam im Kino, hielten uns an den Händen und weinten. Wir sassen nach dem Film noch zehn weitere Minuten da, weinend und konnten es kaum fassen. Der Film ist atemberaubend und hat mich so viel über das Leben gelehrt - ich möchte ihn euch echt ans Herz legen. Es ist einer der besten Filme, die ich je gesehen habe. Extrem prägend und die Oscar Nominierung mehr als verdient. Die wahre Geschichte von Saroo Brierley wurde wunderschön verfilmt und geht ganz ganz tief. Absolut sehenswert. 

theater
anaïs:
Ich habe diesen Monat einige Darbietungen gesehen und werde euch diese im nächsten Post auch noch vorstellen! Unter anderem war ich auch das erste Mal an einem Poetry Slam dabei, der mir extrem viel Spass gemacht hat. Ich spiele auch selber Theater und gerade sind wir noch in den Vorbereitungen zu unserem Stück, das im Juni vorgetragen wird. Es ist interaktives Theater  und wir haben als Setting ein Gefängnis in dem verschiedene Persönlichkeiten aus verschiedenen Epochen sind. Aus einem für sie unerfindlichen Grund sind sie darin gelandet. Eine skurrile Anfangssituation, in der dann die Zuschauer die Fäden in den Händen haben und bestimmen können, was, wie, wo passiert.

politisches engagement

1. Mai
Der erste Mai gilt seit geraumer Zeit als 'Tag der Arbeit', für viele bildet er aber nur ein Highlight, weil es ein Feiertag ist und wir demnach frei haben. Für unser politisches Engagement ist der 1. Mai der wichtigste Feiertag und wird zumindest in Zürich vom 1.Mai-Komitee zu einem mehrtägigen, multikulturellen Fest gemacht, dessen Höhepunkt die grösste jährliche Demonstration ist, die grundsätzlich von über zehntausend Menschen besucht wird. Uns gefällt die zwischen kämpferisch und fröhlich wechselnde Stimmung unglaublich gut, wir lernen immer viele Menschen und Ideen kennen und geniessen den Tag trotz des Wetters, welches den Montag wortwörtlich ein wenig überschattet hat.

strangeland. von tracey emin | buchbesprechung

29 Mai 2017

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Die Memoiren Tracey Emins dokumentieren das Leben einer aussergewöhnlichen Frau. Als Tochter einer Britin und eines türkisch-zypriotischen Vaters wächst sie mit ihrem Zwillingsbruder Paul in der heruntergekommenen Küstenstadt Margate auf. Nach dem Bankrott des ehemals reichen Vaters lebt die Familie getrennt und in ärmlichen Verhältnissen. Sie wird als Teenager vergewaltigt, bricht vorzeitig die Schule ab, stürzt sich in zahllose Affären. Mit ihrem Vater reist sie später in die Türkei und nach Zypern, um sich über ihre Zukunft klarer zu werden. Radikal offen und bisweilen selbstironisch erzählt sie von den existenziellen Themen einer Frau von heute: sexuelle Begierden und Männerbilder, Kinderwunsch und Abtreibung, Verwirrungen der Liebe und Abgründe der Einsamkeit Kunst ist dabei für Emin immer auch die 'Kunst des Lebens und die Kunst des Wollens'.

Es ist endlich Zeit, meine Gedanken zu Tracey Emins 'Strangeland' niederzuschreiben. Dies tat ich, wie bei manchen Büchern, die mir sehr nahegehen, zuerst schriftlich. Nun möchte ich meine Gedanken aber wieder mit euch teilen. Ich musste sie nämlich zuerst sammeln und ein wenig ordnen, bevor ich sie veröffentliche. Genau das ist das Werk der britisch-türkischen Künstlerin, 1963 geboren nicht - nicht sortiert, nicht geordnet. Überhaupt nicht gradlinig oder konventionell, in keinster Weise. Sie lebt in London und dort ist sie mir immer wieder begegnet - entweder fiel mir ihr Name ins Auge und von ihr war die Rede, sie hätte den Bau eines Hochhauses gestoppt, was ich für eine tolle Leistung halte. Vor allem aber habe ich auch ihre Kunstwerke gesehen, gar nicht bewusst - plötzlich war etwas von ihr vor mir, ein Teil von der Frau, deren Kopf und Leben ich irgendwie so gut kannte, weil sie es so authentisch und so ehrlich rüberbrachte in ihrer, zugegebenermassen etwas verwirrenden Autobiographie 'Strangeland'. Das Buch, ihre Memoiren, ist also nicht nur vom Leben, sondern vor allem auch von einer grossartigen und bewundernswerten Künstlerin geschrieben. Das merkt man an den so natürlich, so organisch wirkenden Wortketten. Unglaublich oft kippt ihr Schreiben dabei ins Surreale, was uns noch mal bewusstwerden lässt: wir lesen hier intimste Gedanken, Empfindungen und Auseinandersetzungen, die aber von einer Künstlerin stammen und deswegen zumindest in gewisser Hinsicht inszeniert sind. Wir lesen von Kindheit, von Trostlosigkeit, von den Einflüssen ihrer, und ja, irgendwie auch unserer Eltern. Von Teufelskreisen, Sinnlosigkeit und Bedeutung. Dabei wirkt das Buch gut kuratiert, in verschieden Teile eingeteilt. Motherland. Fatherland. Tracyland. Strangeland eben.
Sie wagt experimentelle Schreibspiele und wenn man das Buch einfach irgendwo aufschlägt und zu lesen beginnt, ist das oft fast schon verstörend. Aber das ist es irgendwie auch, wenn man von vorne bis hinten liest. Dabei regt Tracey Emin ja selbst zum rebellieren ein.
Das Buch hat etwas Brutales, zumindest etwas Gnadenloses an sich. Manchmal besteht das Ganze auf handgeschriebenen Passagen. Dann aus Listen. Es folgen tägliche, fast langweilige Aufzeichnungen. Dann ein Wortspiel mit 'MASCULINITY'. Ja, das Ganze ist ziemlich verrückt. Aber das Leben ist ja auch Verrückt. Und Tracey Emin zeigt dabei schön, was passiert, wenn wir uns von Normen und den allgemeinen Vorstellungen und Idealen der Gesellschaft lösen: ja, alles wird ein bisschen wilder. Aber auch intensiver. Und so ist das Buch auch: intensiv auf allen Ebenen.
Deswegen braucht das Buch auch ein bisschen Zeit, man muss etwas darin investieren, wie in alle guten Bücher die uns wirklich etwas zurückgeben. Es braucht Zeit, ins Strangeland zu reisen. Dabei ist es eigentlich ganz nah, ein bisschen zumindest: Strangeland ist unser tiefstes Inneres. Dort hat mich Tracey Emin zumindest berührt.

salz für die see | livresque amitié

24 Mai 2017

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Hier erzählt eine Freundschaft von ihrer Liebe zu Worten, dem Schreiben und Büchern.


Wir suchen uns Bücher aus, die uns faszinieren und lesen diese dann gleichzeitig. Während und unmittelbar nach dem Lesen behalten wir unsere Gedanken nur bei uns und widmen sie einzig einem Notizbüchlein. Später tauschen wir dieses dann aus um an der Meinung der jeweils anderen teilzuhaben. Hier erfahren wir dann, ob wir das Gelesene gleich empfanden oder ob es Differenzen in unseren Ansichten zum Buch gibt. In den folgenden Beiträgen dieser etwas anderen Buchbesprechung werden auch die Seiten unserer Notizbüchern abgebildet, damit auch ihr als Aussenstehende zwei oder mehr direkte Auffassungen von ein und demselben Buch zu lesen habt. Wir sind wahnsinnig gespannt auf dieses Experiment, in dem wir euch einerseits Bücher vorstellen, die Mara und Anaïs gemeinsam gelesen haben und andererseits auch Bücher, die wir in unserer Lesegruppe mit anderen Freunden lesen!

Die letzten Kriegstage des Jahres 1945: Tausende Menschen flüchten aus Angst vor der Roten Armee nach Westen. Darunter Florian, ein deutscher Deserteur, Emilia, eine junge Polin, und Joana, eine litauische Krankenschwester. Eine Notgemeinschaft, in der jeder ein Geheimnis hat, das er nicht preisgeben will. Denn der Krieg hat sie Misstrauen gelehrt.

Im eiskalten Winter wählt der kleine Flüchtlingstrek den lebensgefährlichen Weg über das zugefrorene Haff. In Gotenhafen, so heißt es, warte die Wilhelm Gustloff, um sie nach Westen zu bringen. Doch auch dort sind sie noch lange nicht in Sicherheit.


ANAÏS



Ich merke gerade, dass wir in unserem livresque amitié Format kaum schlechte Bücher gelesen haben. Ein weiteres, wahnsinnig gutes Buch darf ich nun dieser Liste anfügen. Als ich es zuerst aufgeschlagen habe, war ich etwas enttäuscht, als ich sah, dass die Geschichte aus vier verschiedenen Sichten geschrieben ist. Relativ schnell habe ich mich aber dann mit der Lesesituation abgefunden und konnte mich durch die einfache und klare Sprache von Ruta Sepetys mit den Charakteren anfreunden. Alle haben sie ein Geheimnis, das sie hüten und wie ein Schatz mit sich herumtragen. Ihre Schicksale sind hart und die Kriegssituation in den 1940er Jahre schweisst sie als Truppe zusammen. Das Buch kam mir vor wie ein Film - vor meinem inneren Auge habe ich durch die schönen und detailgetreuen Beschreibungen immer ein Bild vor mir gehabt. Ich habe mich an das Buch 'Das Fieber' erinnert gefühlt, ein ebenfalls fiktiver historischer Roman, der mich sehr berührt hat. Es ist absolut erschreckend, dass ich noch nie von der Gustloff gehört habe - was für ein schlimmes Seeunglück und die vielen Opfer, wer gedenkt ihnen? Ich habe mit den Protagonisten mitgefiebert und mit gelebt, ich habe Tränen in den Augen gehabt und auf den letzten Seiten die Welt nicht mehr verstanden. Bitte, bitte schreibt mir wie ihr den Schluss interpretiert hat, der hat mich besonders durcheinander gebracht, da er relativ abrupt aufhört, aber inzwischen konnte ich mir einen Reim daraus machen. Ein wahnsinniges Buch. Ich sollte mehr historische Romane lesen!

MARA



Mit jedem Buch begeistert mich Ruta Sepetys mehr und mehr. Ihre Erzählstimme, die immer von Tragödien der Vergangenheit berichtet, hat etwas unglaublich fesselndes, packt mich tief. Dann kann ich das Buch nur schwer weglegen und möchte immer mehr erfahren. So war es natürlich auch bei Salz für die See, was habe ich anderes erwartet. Der Unterschied bestand hier vor allem darin, dass sie mehrere Charaktere zeichnet und erzählen lässt, ihnen Leben einhaucht. Es hat mich an Filme und Lektüren meiner Kindheit erinnert, in welchen ich einer Gruppe ach so verschiedener Menschen auf eine Reise begleitet habe. Ein bisschen so fühlte sich das Buch an, aber es gab noch unzählige andere Komponenten, die das Buch zu einem Highlight krönen - nicht nur die politische Aussage, die Sepetys in ihren Romanen verarbeitet: Offenheit und Akzeptanz.

zwei texte über zürich

21 Mai 2017

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Wie bereits letzte Woche angekündigt möchten Mara und ich euch unsere Texte über Zürich vorstellen. Wir haben euch in diesem Post hier erklärt, an was wir in unserem Schreibprojekt gearbeitet haben und wie es dazu gekommen ist. Wir sind gespannt auf eure Meinung!


ANAÏS
Mit einer halbstündigen Verspätung komme ich mit einem der Männer in Seebach an. Wir werden nicht gerade herzlich empfangen: Der Hausbesitzer ist alles andere als glücklich darüber, dass wir so lange auf uns haben warten lassen. Wie ich, hätte der alte mürrische Herr wohl lieber noch etwas länger geschlafen. Nach einer etwas mickrigen Hausführung wird auch mir klar, dass die drei eingeplanten Tage für die Räumung knapp eingerechnet werden. Das Haus ist riesig, und es eine Bruchbude zu nennen, wäre definitiv nicht falsch. Die Wände und Böden sind in keinem formidablen Zustand, das ganze Gebäude wirkt ziemlich heruntergekommen. Trotzdem stimmt die Atmosphäre – alles scheint seinen Platz zu haben. Ich freue mich jetzt schon, im ganzen Haus herumzustöbern und alten Geheimnissen auf die Spur zu kommen.

 Wir haben uns um 7:30 Uhr beim Arche Brockenhaus in Altstetten getroffen: Ich kann nicht genau einschätzen, was ich an diesem heutigen Tag erleben werde. Ich trage meinen Lieblingscardigan und eine bequeme Hose, die sich gut auch zum handfest Arbeiten eignen. Trotzdem fühle ich mich leicht overdressed. Ich bin pünktlich und werde bereits von Michael* erwartet. Er zeigt mir kurz das Büro und erklärt mir im Schnelldurchlauf, was wo ist und was all die Zettel an der Wand bedeuten. Es sind Offerten, die das Arche Brocki seinen Kunden macht, in unserem Fall ist es nun jene eine für eine dreitägige Hausräumung. Das Brockenhaus Arche ist eine Anlaufstelle für Angesteuerte sowie für Menschen mit psychischen Störungen oder Suchtproblemen. Die Arche bietet ihnen Arbeit, hilft den Arbeitern neue Perspektiven zu gewinnen und ihr Leben zu stabilisieren.

Im Hauptsaal des Brockis sitzen mit uns unterdessen zwei weitere Männer am Tisch, die nun zum ersten Mal hören, dass ich sie heute begleiten werde. Einer fehlt, Damir hat nach einer Partynacht am Vorabend verschlafen. Nach einer Viertelstunde ist er immer noch nicht erreichbar, und Michael macht sich mit Pablo auf, den Langschläfer zu Hause zu wecken und abzuholen. Ich ärgere mich in der Zwischenzeit darüber, dass ich nicht selber länger geschlafen habe, ich habe nämlich erfahren, dass wir uns auf den Weg nach Seebach machen. Seebach wäre von mir zu Hause aus ein Katzensprung gewesen, den langen Umweg über das Arche Brocki in Altstetten hätte ich mir sparen können.

 Als dann die anderen drei Männer mit dem verschlafenen Damir in Seebach zu uns stossen, geht die Arbeit richtig los. Sie laden mit plötzlich geballter Energie Kisten aus den Lastwagen und trennen die guten Dinge von den schlechten. Gute Dinge sind alle Gegenstände, die nicht mangelhaft sind und sich im Brockenhaus weiterverkaufen lassen. Alles was defekt oder bereits im Übermass vorhanden ist wandert in die „schlechte“ Kiste oder gleich in Abfallsäcke. Die guten Sachen sind noch nicht über den Berg: Sie müssen eine weitere Sortierphase überstehen und landen erst dann im Brockenhaus zum Verkauf. Glas und Metall werden strikt getrennt. Die Arbeit geht schnell voran und Zimmer für Zimmer wird langsam leer. Ich bin sehr fasziniert von der Sortier- und Ausmistarbeit, fühle mich richtig in meinem Element. Ich haste von Raum zu Raum und biete bereitwillig meine Hilfe an. Etwa fünf Mal weisen mich die galanten Herren darauf hin, dass ich nur die leichten Sachen tragen soll, und dass die schweren Gegenstände von ihnen übernommen werden. Sie unterschätzen meine Muskeln.

 Gegen zehn Uhr gibt es eine Kaffeepause ohne Kaffee. Den konnten sie nicht hervorzaubern. Danach füllen wir Abfallsack um Abfallsack mit verschiedenstem Gerümpel – von alten Pfannen mit wahnsinnig viel Schimmel, abgelaufenen Esswaren und vergammelten Turnschuhen sowie alten Fotos und Gläsern bis hin zu Pornos und Bierflaschen aus dem Kinderzimmer. Tatsächlich finde ich gemeinsam mit Michael verschiedenste Erotikfilme mit zugehörigem DVD-Player. Klischeehafter könnte es kaum sein; versteckte Pornos unterm Bett, Bierflaschen hinter dem Schrank und Wichsflecken auf der Matratze. Dieser niedliche, kleine Junge, der auf verschiedenen Bildern im Zimmer zu sehen ist, ist offenbar unterdessen ziemlich erwachsen geworden.

Nach den glorreichen Entdeckungen vom Vormittag essen wir unsere selber mitgebrachten Sandwichs zu Mittag. Die Gespräche drehen sich um Autos, die von den Männern mit enormen Geschwindigkeiten auf deutschen Autobahnen bewegt werden. Einige der rasenden Arbeiter mussten ihren Führerschein vorübergehend abgeben, andere haben in acht Jahren noch keine einzige Busse erhalten. Nach unserer kleinen Stärkung geht es weiter. Wir sind gut vorangekommen am Morgen. Jetzt geht es vor allem darum, die Schränke und Kommoden, die inzwischen geräumt sind, zu entsorgen. Einige werden weiterverkauft, die meisten aber zerstört. Mir wird ein riesiger Hammer in die Hand gedrückt: Ich soll doch auch einmal probieren, ein Möbel zu zerschlagen. Pablo und Michael haben ihren Spass. Ich stelle mich total ungeschickt an und kann nur mit Mühe mit diesem schweren Hammer aufs Holz einschlagen. Das sieht bestimmt witzig aus, ich hätte mich selber genauso ausgelacht.

 Der ganze Abfall muss aus dem Haus raus und in die zwei Lastwagen gefüllt werden. Anstatt alles aus dem dritten Stock das Treppenhaus herunterzutragen, legen wir drei Matratzen auf den Gehsteig und werfen alles kurzerhand aus dem Fenster. Der erste Gegenstand, den ich mich traue fallen zu lassen, ist ein kleiner schwerer Koffer. Damir merkt schnell, dass da etwas schiefläuft: ob wir diese Schreibmaschine wirklich entsorgen wollen? Nein, natürlich nicht! Das war keine Absicht und wohl ein Fehlwurf. Was für ein Spass, diese kaputtgeschlagenen Möbel auf die Strasse zu schleudern!

 Ich helfe überall mit und lade zusammen mit Pablo die beiden Lastwagen voll. In einer kurzen Pause sagt er mir, dass ich seiner Tochter unglaublich ähnlich sähe. Auf seinem Handy zeigt er mir ein Bild von ihr zusammen mit ihrer Mutter – und tatsächlich: die junge Spanierin sieht mir sehr ähnlich. Und Pablos Ex-Frau erinnert mich an meine Mutter! Als ich ihm das sage, meint er bedauernd, dass er meine Mutter nicht kenne und lacht. Nach und nach werden die beiden Lastwagen gefüllt, die Sonne glüht inzwischen richtig stark und der Frühling grüsst ein erstes Mal dieses Jahr. Einen kurzen Moment lang empfinde ich Mitleid mit meinen Schulkameraden, die jetzt in einem Klassenzimmer sitzen und keine Sonnenstrahlen abbekommen. Aber dann kommt auch schon der nächste Sack geflogen und ich werde gebraucht.

Die Lastwagen sind voll und der heutige Tag neigt sich dem Ende zu. Nun müssen wir mit dem ganzen Abfall ins Hagenholz fahren und alles, was nicht Glas oder Metall ist, im grossen Loch, wie Pablo es nennt, verschwinden lassen. Das Arche Brocki hat einen Vertrag mit der Kehrichtsverbrennung abgeschlossen, sie können ihre Ware billiger entsorgen – die Brockenstube kommt schliesslich fast jeden Tag hier vorbei. Den ganzen Abfall in dieses Loch zu werfen, macht gleich doppelt Spass. Zusammen mit Michael und Pablo versuche ich möglichst viele Fenstergläser und Spiegel zu zerstören, so, dass möglichst viele Splitter entstehen. Das alles tun wir ohne darauf zu achten, dass das wohl sieben Jahre Unglück mit sich bringen könnte. Zur Krönung des Tages werde ich nach Hause gefahren und erhalte als Dank für meine Hilfe die unversehrte Schreibmaschine, die ich ein paar Stunden zuvor versehentlich aus dem dritten Stock geworfen habe.

*Alle Namen im Text wurden geändert



MARA
Zürich. Ein verhaltenes Gefühl von Grossstadt. Pure Freiheit im Sommer. Nicht nur dann: ein eigener Rhythmus. Eine gewisse Ehrlichkeit liegt in den Strassen. Der Schluck eines Lebensgefühls.

Ich laufe durch diese Stadt. Gesichter und Geschichten kommen mir entgegen. Alle scheinen gezeichnet, tragen so viel Unsichtbares mit sich. Ich glaube, dass Gesichter und Geschichten tief miteinander verwoben sind. So gern ich mir diese Geschichten ausdenke, so frage ich mich doch auch immer, wie ich auf diese Menschen wirke. Merken sie, dass ich in diesem Moment kein Ziel habe, sondern einfach draussen mit ihnen eine Strasse teilen möchte und im nächsten Moment vielleicht komplett die Richtung ändere? Merken sie, wie frei ich mich bewege?

Ich habe nämlich lange gebraucht, um zu merken, wie viele Menschen sich nicht frei bewegen können. Gerade jetzt leiden gewisse Menschen unter einem sogenannten Rayonverbot. Es untersagt ihnen, den Stadtraum Zürich zu betreten oder ein gewisses kleines Gebiet zu verlassen. Das ist ein Bruchstück der Realität ‘Schweizer Willkommenskultur’. Sie besteht aus vielen leeren Phrasen und Worten, hinter welchen sich oftmals schreckliche Fakten verbergen. Während ich mich mit diesen Fakten beschäftige, mit Menschen darüber spreche und Lektüre dazu heraussuche, lerne ich nicht nur viel über das Leben unterdrückter Menschen hier, sondern auch über mein eigenes. Vor allem die so selbstverständlich wirkenden Gewohnheiten in meinem Alltag. Ich hinterfragte diese bisher nicht weiter. Fast täglich nehme ich den Tausch von einigen Geldstücken gegen ein Stück Papier namens ‘Ticket’ vor. Eigentlich bin ich es mich gewohnt, mich ohne Papier zu bewegen. Zuhause habe ich nämlich zwei Pässe - diese Seiten, einmal in leuchtend rotem, dann in blutrotem Einband eingefasst. Und die Bedeutung dieser Papierstücke ist von unermesslichen Wert, denn sie scheinen heutzutage mehr zu zählen als jede erdenkbare Tugend. Dabei sind sie bloss Untergrund für weitere leere Phrasen und Worte, die einen ebenso grossen Wert tragen.

Auch ich finde Worte wichtig. Aber nicht diese offiziellen, immer gleichen, in Dokumente gedruckten Worte. Sondern solche, die wir anderen Menschen zu eigen machen können, welchen sonst oft noch die (deutschen) Worte fehlen. Denn so können wir von ihren Geschichten erfahren, ihnen zuhören. Und so nicht nur Gesichtern Geschichten zurückgeben, sondern Menschen Identitäten. Oder wir kommen direkt in Kontakt mit Geflüchteten und sehen unglaublich viele Dinge. Geflüchtete schnappen nach Luft und suchen nach Worten. Haben Schweizer Flaggen als Handyhintergrund und Augen, die vor überschwänglicher Dankbarkeit leuchten, wenn ihnen ein winziger Hinweis zu einem bestimmten Wort gegeben wird.

Mit diesen Eindrücken fing alles an: an einem für Zürich so typisch grauen, verregneten Mittwoch im Februar 2017. Ich moderiere in der ASZ, der Autonomen Schule Zürich. Neben gratis Deutschunterricht, an dem Geflüchtete ‘teilnehmen’ können (die ASZ wehrt sich gegen autoritäre oder andere bestehende Herrschaftsstrukturen, deswegen werden diese Begriffe gewählt), kämpft sie aktiv für ‘globale Bewegungsfreiheit für alle, eine Welt ohne Grenzen’. Ich moderiere also drei Stunden lang einen Deutschunterricht und einige Geflüchtete kennen – nun - einen winzigen Teil mehr von unserer umfangreichen deutschen Sprache. Ich merke, wie sie mir die fremden Laute von den Lippen lesen und sogleich aufsaugen. Sie sind alle unheimlich wissbegierig. Da der Raum aus allen Nähten zu platzen scheint und doppelt so viele teilnehmen wollen wie eigentlich vorgesehen, geben sie sich auch mit einem Platz zwischen Tür und Angel zufrieden, teilen sich diesen sogar mit mehreren anderen Menschen. Vorurteile bleiben vor dieser Tür stehen – hier treffen verschiedenste Menschen aufeinander. Man könnte meinen, es würde so nicht funktionieren. An einem Punkt würde diese Idee der ASZ scheitern. Aber die Dinge dort haben ihren ganz eigenen Ablauf. Versuche ich ein Wort wie ‘Ellenbogen’ zu erklären, ist das noch einigermassen einfach. Sobald es aber abstrakter wird und ich zu erklären versuche, dass ‘Schlange’ sowohl ein Tier wie auch einige wartende Menschen hintereinander bezeichnet, wird es schwieriger. Aber irgendwie klappt es immer – und hat es erst einmal jemand kapiert, ruft er es in seiner Sprache aus, und wer diese und eine weitere Sprache spricht, gibt die Bedeutung weiter. Wir lernen alle miteinander. Und die ASZ hat vielleicht nicht globale Bewegungsfreiheit für alle geschaffen, aber sie schenkt uns einen Raum, in der wir eine Welt entstehen lassen. Eine Welt ohne Grenzen.

Genau so funktioniert die ASZ. Manche sind einmal in diese Welt ohne Grenzen eingetaucht und wollen zurückkehren. Und das ist unglaublich einfach, weil die ASZ uns diesen Raum zur Verfügung stellt und allmögliches Lernmaterial, damit zusammen gesprochen und ausgetauscht werden kann. Zumindest wird das versucht. Die Geflüchteten bemühen sich mit Kopf, Herz und Seele, Händen und Füssen. Genau wie ich. Wir befinden uns an diesem Ort hier, wo wir alle gleich viel bedeuten. Wir sind alle gleich, wir sind alle Menschen. Wir haben alle unterschiedliche Sachen erlebt. Sie jedoch teilen eine Erfahrung, die schrecklich war und von nun an ihr ganzes Leben bestimmen wird. ‘Auf Asyl warten ist wie schwanger sein – man wartet und wartet, und dann ist dieser Augenblick da, in welchem sich alles ändert’ sagt ein Mädchen. Mag sein, dass die ASZ für viele nur ein Warteraum ist, nachdem sie sich doch wieder in dieses System einordnen müssen, in welches uns der Staat presst. Aber sie haben einen der schönsten und pursten Orte Zürichs kennengelernt. Danach bekommen sie endlich auch ein Stück Papier. Mit viel Glück steht das Wort ‘Aufenthaltsbewilligung’ darauf, dahinter ein einzelner, lose wirkender Grossbuchstabe. N, B oder F. Oder etwas ganz anderes. Und dieses vermeintliche unscheinbare Wort soll sein, was eine vage Vorstellung der Zukunft skizziert.


londons schönste buchhandlungen

19 Mai 2017

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London ist definitiv eine Buchstadt. Das erlebt man zum Beispiel, wenn man die Öffentlichen nutzt - so viele Leute sitzen mit einem Buch da, anstatt in ihr Handy zu starren, was ich zumindest hier in Zürich viel öfter sehe. Aber vor allem erkennt das auch an den vielen mit Liebe geführten, unabhängigen Buchläden. Auch die Ketten sind alle wunderschön eingerichtet, aber alleine der besonderen Auswahl wegen möchte ich euch wirklich die kleinen unabhängigen vorstellen und empfehlen. Wie im Monatsrückblick erwähnt, war mein letzter London-Besuch noch gar nicht lange her, nicht mal ein Jahr. Deswegen haben wir dieses Mal auch einige Buchhandlungen 'ausgelassen' und dafür andere besucht. Empfehlen möchte ich heute aber deswegen einfach die Besten der Besten!

The Brick Lane Bookshop, Brick Lane

Die Brick Lane ist die Strasse in Shoreditch, die dem Vierteln den Adjektive 'kreativ, jung, ausgefallen' verleiht. Besonders am Wochenende gibt es in jeder leerstehenden Fabrikhalle (und davon gibt es unendlich viele) verschiedene Märkte und junge Kreative, die hier ihre eigenen Sachen verkaufen oder sich einfach inspirieren lassen. Die Strasse und Umgebung ist auch geschmückt mit wunderschönen Buchhandlungen, und eine davon ist 'The Brick Lane Bookshop'. Hier gefällt mir besonders die Auswahl an Poetry Büchern, die zwar nicht unbedingt grösser als anderswo ist, dafür aber spezieller und einfach wunderschön sortiert.


Bildergebnis für the brick lane bookshop

Libreria, Hanbury Street

Die Libreria London ist eine wunderschöne kleine ausgefallene Buchhandlung gleich um die Ecke von Brick Lane. Hier handelt es sich um einen Laden, der aus einem eigenartigen Holzgerüst gebaut ist und dadurch einfach rein architektonisch Aufmerksamkeit auf sich zieht. Dies allerdings gerechtfertigt, denn die Beratung ist nett und die Auswahl sehr speziell, aber super gut. Es lohnt sich auf alle Fälle, hier vorbeizuschauen, auch wenn der Laden an sich sehr klein ist. Denn die Hanbury Street ist viel ruhiger als die Brick Lane und man findet hier auch viele kleine Cafés und Vintage Läden (gleich nebenan mein Liebling: Blitz London! Man findet hier sogar auch spottbillige, schöne Klassiker!).



The London Review Bookshop, Bury Place

Diese Buchhandlung klingt wunderschön und wahrscheinlich auch recht vertraut in den Ohren - The London Review of Books ist nämlich ein Magazin, welches aktuelle Bücher 'reviewed', und das schon seit langer Zeit. Der Buchladen dazu ist vielleicht ein bisschen herkömmlicher, dafür sehr geräumig und mit dazugehörendem Café. Die Auswahl ist angemessen gross und so erinnert mich die Buchhandlung an viele in Zürich - gross, geräumig und zwar irgendwie normal, aber eben trotzdem besonders. In den anderen Buchhandlungen stosse ich mehr auf interessante, mir unbekannte Bücher, hier finde ich vor allem solche, die ich vorhatte, zu kaufen.



Tate Modern / Tate Britain Bookshop

Eine kleine Empfehlung zwischendurch sind Museumbuchhandlungen. Wer sich wie wir für Kunst und zum Beispiel Mode oder Graphic Design interessiert, wird in solchen auf jeden Fall fündig. Besonders gross und umfangreich empfand ich beide Shops der Tate Museen!

Bildergebnis für tate modern shop

Bildergebnis für tate modern shop

The Broadway Market Bookshop, Broadway Market

Broadway Market ist eine der schönsten Strasse in London! Seit Shoreditch so in ist, sind die alternativen Künstler ein bisschen weitergezogen und finden sich vor allem in Hackney wieder. Eines der Highlight dieses tollen Viertels ist definitiv der Broadway Market. Die kleine, liebevolle Strasse ist Schauplatz eines wunderschönen Markts am Samstag. Es tummeln sich überall junge, kreative und sehr eigene Leute. Rechts und links zieren zahlreiche unterschiedliche Restaurants den Markt und hauchen der Strasse auch unter der Woche viel Leben ein. Daneben gibt es noch ganze drei Buchläden an der kleinen Strasse, was einfach für sie spricht, oder nicht? Dazu sind sie alle immer gerammelt voll... Und trotzdem absolut ein Besuch wert. Der herkömmlichste ist wohl 'The Broadway Market Bookshop'. Hier gibt es eine grosse Auswahl an Fiktion. Der Buchladen ist flächenmässig wohl klein, aber mit Buchregalen von oben bis unten und mit vielen Geschichten zwischen den Wänden. Er erstreckt sich über ganze drei Stöcke, die aber je nur eine winzige Fläche aufweisen. Besonders der unterste Stock ist super klein, höchstens drei Personen können sich darin aufhalten. Dort ist es aber trotzdem irgendwie gemütlich, zumindest sehr heimelig, und die Auswahl an guten Büchern ist vor allem riesig!





Artwords Bookshop, Broadway Market

Weiter entlang am Broadway Market, vom Richtung Fluss in Richtung Park! Dann begegnet uns nämlich der 'Artwords Bookshop' mit einem vielversprechenden Fenster. Falls ihr Magazine, besonders besondere Magazine genauso mögt wie ich, seit ihr hier auf alle Fälle mehr als richtig! Aber trotzdem gibt es auch ganz viele wirkliche Bücher in allen Dingen Kunst - Graphic Design, Fashion und und und. Und eine kleine, feine Auswahl an Belletristik, angelehnt an Kunst, Musik und kreative Selbstverwirklichung wie viele Autobiographien findet man hier auch.

Bildergebnis für artwords bookshop

Bildergebnis für artwords bookshop

Donlon Bookshop, Broadway Market

Zuletzt mein liebster Laden - The Donlon Bookshop. Hier reihen sich ganz viele wichtige Bücher von tollen Autor_innen aneinander, und dazwischen stecken etliche Neuentdeckungen. Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass ein Buch von dort schlecht sein könnte - die, die ich kannte, habe ich alle absolut geliebt. Die, die meine Eltern kannten, haben sie absolut geliebt. Pasolini an Arendt haben wir also Stunden in diesem winzigen, mit Bücher und Kunst liebevoll eingerichteten Laden entdeckt und auch lange mit der Person dort gesprochen und einige tolle Insidertipps abgesahnt. Eines der schönsten Buchladenerlebnisse, dass ich je hatte, und das mehrmals. Und ich freue mich schon jetzt, wieder dorthin zurück zu kehren!







Allerdings... es gibt noch so viel zu entdecken! Einige Buchläden / Magazinläden möchte ich noch in London entdecken - natürlich die, an die man einfach heranläuft, aber auch solche, die ich wirklich (oh ja, ich geb's zu) im Internet zusammengesucht habe. Hier eine kleine Liste davon, falls ihr noch nicht genug Buchläden habt ;)

Foyles, Charing Cross Road...
...ist eine Buchhandlung, die tatsächlich noch unabhängig ist, aber riesig und anscheinend alles haben soll!

Daunt Books, Marylebone High Street...
...ist fast ein Klassiker. Bestimmt habt ihr auch schon Bilder gesehen von dieser Traumbuchhandlung - übrigens sind die Bücher nicht wie sonst geordnet, sondern nach Nation der Autor_innen, was ich sehr, sehr interessant finde!

Gosh, Berwick Street...
...verkauft alles, was mit Graphic Novels etc. zutun hat, eine Sparte, in die ich gerne ein wenig mehr eintauchen würde!

The Persephone Bookshop, Lamb's Conduit Street...
...gibt selbst Bücher heraus in einer sehr speziellen Gestaltung. Interessant!

Ti Pi Tin, Stoke Newington High Street...
...ist leider ein bisschen ausserhalb, deswegen hat es dieses Mal nicht geklappt. Es gibt da unglaublich viele kleine Magazine - Zines also, Selfpublishing wird hier gross geschrieben.

Lutyens and Rubinstein, Kensington Park Road...
...sieht auf Fotos einfach wunderschön aus und soll solide Fiktion verkaufen.

Claire de Rouen Books, Charing Cross Road (Achtung! - im zweiten Stock)...
...hat anscheinend eine riesige, tolle Auswahl an Büchern zum Thema Fashion, sehr spannend.


a typical girl | livresque amitié

17 Mai 2017

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Hier erzählt eine Freundschaft von ihrer Liebe zu Worten, dem Schreiben und Büchern.

Wir suchen uns Bücher aus, die uns faszinieren und lesen diese dann gleichzeitig. Während und unmittelbar nach dem Lesen behalten wir unsere Gedanken nur bei uns und widmen sie einzig einem Notizbüchlein. Später tauschen wir dieses dann aus um an der Meinung der jeweils anderen teilzuhaben. Hier erfahren wir dann, ob wir das Gelesene gleich  empfanden oder ob es Differenzen in unseren Ansichten zum Buch gibt. In den folgenden Beiträgen dieser etwas anderen Buchbesprechung werden auch die Seiten unserer Notizbüchern abgebildet, damit auch ihr als Aussenstehende zwei oder mehr direkte Auffassungen von ein und demselben Buch zu lesen habt. Wir sind wahnsinnig gespannt auf dieses Experiment, in dem wir euch einerseits Bücher vorstellen, die Mara und Anaïs gemeinsam gelesen haben und andererseits auch Bücher, die wir in unserer Lesegruppe mit anderen Freunden lesen!


London, Mitte der Siebziger. Die Popkultur wird neu erfunden, in der revolutionären Ursuppe des Punk scheint alles möglich. Aber gilt das auch für Frauen? Gibt es außer Groupie, Elfe oder Rockröhre noch andere Rollen? Besteht vielleicht zum ersten Mal die Chance, mit allen Typical-Girl-Klischees aufzuräumen, statt selber eins zu werden? 

Viv Albertine wurde zum Riot Girl, lange bevor es diesen Ausdruck gab. Bei den legendären Flowers of Romance kreierte sie neben Sid Vicious (später Sex Pistols) und Keith Levene (später PIL) ihren individuellen Gitarrensound. Um dann mit den Slits, der ersten autonomen Frauenpunkband, die Türen aufzustoßen, durch die später Madonna oder Lady Gaga eigene Wege gehen konnten.


Anaïs:

Endlich, endlich, endlich habe ich Viv Albertines Meisterwerk beendet. Ach du meine Güte - ich bin gerade richtig traurig, durch - und aufgewühlt. Trotzdem ist irgendwo in mir auch ein Funken Glück. Wie unglaublich ein solches Menschenleben doch ist. Alles hat nur damit zu tun, was du daraus machst. Du kannst alles machen. Die Jugend, meine Zeit jetzt, ist die wohl am meist prägende Zeit in meinem Leben. Die Leute, die mir jetzt begegnen, die Dinge, die ich jetzt tue, die Gedanken, die ich jetzt habe - alles, was mich aus macht, wird so tief in mir verankert sein. Ich bin MITTEN IM LEBEN. Für mich ist das gerade unglaublich wichtig zu verarbeiten und zu realisieren. Ein Leben ist von so vielem geprägt. So viel Schmerz, Trauer und Unglück. So viel Liebe, Freude und Glück - alles mögliche. Es ist so wunderbar toll, dass Viv Albertine dieses Buch geschrieben hat. Ihr Leben jetzt im speziellen, ist natürlich geprägt von extremen Höhen, wie dem riesigen Erfolg mit ihrer ersten Punk-Frauen Band The Splits und von extremen Tiefen, wie schweren Verlusten und Krankheiten. Aber trotzdem - ein Leben wie eigentlich jedes Andere. Eine richtige Inspiration, diese Frau. Natürlich, weil sie mir sympathisch vorkommt oder weil ich es toll finde, was sie macht. Aber vor allem deswegen, weil sie in ihrem Buch so absolut ehrlich ist und uns Lesern einfach knallhart sagt, was Sache ist. Leben kann so schön sein und doch ist es am Ende des Tages einfach nur traurig.



Mara:

Viv Albertine berührte mich unglaublich mit ihren Memoiren. Mit einer intensiven Eindringlichkeit reflektiert sie ihr Leben ohne Fehler ihrer Vergangenheit zu verurteilen. Dabei schwankt sie authentisch zwischen strotzendem Selbstbewusstsein und leiser Schüchternheit. Wir folgen ihr durch ihr Leben und werden dabei auf Details sensibilisiert, die wir auch in unserem eigenen Leben wiederfinden. Gegenstände, die uns ein Leben lang begleiten, Dinge, denen wir im Alltag zu wenig Dankbarkeit schenken. Interessant fand ich auch, wie sie über andere schreibt: auch wenn sie an einigen etwss zu kritisieren hat, bewundert sie mit grosser Ehrlichkeit bestimmte Stärken wie Subkultur und Kunstschulen, Metropolen wie London und persönlicher Bewusstwerdung empfand ich Viv Albertines Buch als eine grosse Inspiration und strich viele Zitate an. Denn auch literarisch hat sie das eine oder andere zu bieten.



Amber:

Ich bin froh, "A typical Girl" von unserer lieben Viv Albertine April 17 nach geraumer Zeit endlich auf den Stapel gelesener Bücher legen zu können.

Durch ihre rohe Art der Schilderung der wechselhaften Ereignisse ihres Lebens, konnte ich mich immer auf eine sehr lebendige Weise in Viv hereinfühlen. Es war nicht selten der Fall, dass mich während des Lesens des 500 Seiten lange Stück las, mich ein tiefes Schamgefühl überkam, ein Kichern hervorrutschte oder fast hervorstiess. Ganz selten gaben mir ihre intimen Zeilen auch eine Art von Wohlbefinden und Sicherheit, dass das Leben trotz all seiner Tiefen uns hin und wieder ein Licht offenbart.







ein schreibprojekt

14 Mai 2017

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Wir beide haben uns im November des letzten Jahres an einem Schreibprojekt angemeldet. Das Junge Literaturlabor Zürich, oder kurz JULL, hat ein kleines Inserat für ein Projekt ausgeschrieben. Uns hat es dann 'gluschtet' da mitzumachen. Es geht um Zürich - wir jungen Menschen sollten unser Zürich in einem Text darstellen und die Stadt auf eigene Art und Weise beobachten und am Schluss einen Text dazu verfassen. So ungeschickt wir auch sind, haben wir typischerweise  das Anmeldedatum verpasst und uns mit etwas Verspätung beim JULL gemeldet. Das war aber nicht weiter schlimm, da sie die Anmeldefrist sowieso etwas verlängert haben und wir so doch noch rechtzeitig waren. 

Das erste Treffen wurde ausgemacht und war vorwiegend eine kleine Vorstellungsrunde. Wer sind wir alle? Wie sind wir eigentlich auf dieses Projekt aufmerksam geworden? Was erwarten wir? Was erwartet unserer Betreuerin Gina Bucher von uns? Wir haben gute Gespräche mit spannendem Inhalt und erste Ideen entstehen. Wir verstehen uns super und es kommen immer wieder spannende Inputs von verschiedensten Seiten. Wir sind fünf Teilnehmer, vier Mädchen und ein Junge. Alle haben wir Lust am Schreiben und Ausprobieren und möchten uns Zürich 'vorknöpfen'. Unsere Hausaufgabe auf das nächste Mal wird es sein, verschiedene Ideen für Texte auszuwählen und uns ein Paar Gedanken dazu machen. Voller Inspiration und Vorfreude machen wir uns auf den Weg nachhause.



Mit riesigen Listen und mit Ideen beladen erscheinen wir alle fünf am nächsten Treffen im Januar und stellen sie uns gegenseitig vor, beraten uns und haben einfach einen schönen Austausch. Wir sollten uns dann aufs nächste Mal ein Paar Gedanken zu unserem Projekt machen, uns für eine Idee entscheiden und dann überlegen, wie wir sie umsetzen möchten. Wenn jemand  am Zürcher Hauptbahnhof Leute beobachten möchte, dann muss er sich Gedanken um die Uhrzeit machen - Wann würde er gerne die Idee verwirklichen? Wo möchte er stehen? Nimmt er jemanden mit?  Bleibt er den ganzen Tag dort? Die Dinge werden konkreter, sie werden ausgeführt und wir sind einen Schritt weitergekommen. Viele Fragen liegen in der Luft - was, wie, wo? 

Schon beim nächsten Treffen sind wir unterschiedlich weit. Ein Mädchen hat sich bereits für eine Idee entschieden, ist losgezogen und hat sich mitten ins Geschehen gestürzt und berichtet uns aufgebracht von ihren Erlebnissen. Wir anderen Mädchen haben uns so eben erst für ein Thema entschieden und wissen auch da noch nicht richtig, ob wir das so nun schaffen können, oder nicht. Der einzige männliche Teilnehmer unserer Schreibgruppe ist nicht anwesend. Über die Sportferien sollen wir nun erste Notizen zu unseren Projekten mitbringen. Anaïs versucht verschiedene Brockenstuben zu kontaktieren und vereinbart dann mit dem Arche Brockenhaus einen Termin für die folgende Woche, sie möchte an einer Hausräumung dabei sein. Mara hat sich entschieden einen Post über die Autonome Schule Zürich zu schreiben, der einzige Ort in Zürich, der Flüchtlingen gratis Deutschunterricht anbietet. Sie möchte da gerne unterrichten. 



Das Treffen nach den Ferien sprudelt voller Freude und Energie, alle bis auf eine, haben nun ihr Erlebnis bereits gehabt, oder ihre Ideen notiert. Einige haben bereits angefangen zu schreiben. Auf das nächste Mal müssen wir nun einen Lauftext verfassen und unsere Gedanken ausführen. Das ist die erste Überarbeitungsphase. In einer zweiten Phase, bei einem nächsten Treffen, müssen wir eine mehr oder weniger finale Version an alle versenden und unsere Texte gegenlesen. An einem schönen Frühlingstag draussen auf einer Wiese sitzen wir auf einer Pick- Nick Decke und geben uns anderen letzte Tipps und Tricks.  Hausaufgabe auf das nächste Mal ist, die finale Version abzugeben. Alle sind wir begeistert von diesem Projekt und wir beschliessen einen weiteren Text zwischen Frühling und Sommerferien zu verfassen. Die finalen Versionen sind verfasst und wir total happy mit dem Ergebnis und bereits ein neues Projekt gestartet. Lasst uns gerne wissen, ob wir euch auf dem Laufenden halten sollten. 

Zunächst möchten wir euch aber heute in einer Woche, am 21. Mai 2017, unsere beiden Texte in einem Post vorstellen. Wir sind unglaublich gespannt, wie ihr sie findet! 

not that kind of girl | buchbesprechung

12 Mai 2017

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In ›Not That Kind of Girl‹ erzählt Lena Dunham, Erfinderin der TV-Serie ›GIRLS‹, hemmungslos persönlich, angstfrei und komisch aus ihrem Leben: von Kondomen in Zimmerpalmen, seltsamen Jungs und von ihrer Angst, keinen Platz in dieser Welt zu finden. Sie schreibt über die Taxifahrer in New York und vom plötzlichen Verliebtsein, über Frauen, die »wie diese Papierdinger behandelt werden, die in Hotelbadezimmern auf den Zahnputzbechern liegen – irgendwie notwendig, aber unendlich verfügbar« – und über Männer, die ungefragt von ihrem Sexleben berichten. Krisengeschüttelt, heiter, absolut im Jetzt: Lena Dunham bringt das Lebensgefühl einer neuen Generation Frauen auf den Punkt.


Ich habe mich schon häufig gefragt, was einen Mensch dazu führt, zu beschliessen, eine Autobiografie zu schreiben. Ich frage mich, ob Menschen entweder ein wahnsinnig grosses Ego haben, dass sie meinen, die ganze Welt wolle erfahren wer sie sind, was sie machen und was sie können. Das wird wohl in den meisten Fällen der Fall sein. Aus meist unerfindlichen Gründen ist man plötzlich im Rampenlicht, oder im Mainstream angelangt und hat das Gefühl, dass die grosse Mehrheit der Menschen Lust hat, zu erfahren, wer man ist, wie die eigene Kindheit war und wie es zum Erfolg kam. Am besten soll das ganze möglichst intim sein, das Hauptthema natürlich Sex und schon wird das Buch mit grösster Wahrscheinlichkeit ein Bestseller. Andere Gründe eine Biografie zu schreiben sind häufig krasse Schicksalsschläge oder spezielle Geschichten - hier kommt mir als Beispiel Lily Lindern in den Sinn, ein Vergewaltigungsopfer, das ein sehr schweres und schlimmes Leben hinter sich hat. Oder auch Christiane F - Junkie, Mädchen auf dem Strich, Berliner Drogenszene am Bahnhof Zoo. Alle kennen das Phänomen, aber niemand der nicht selbst dabei war, wusste so genau, wie alles war und wie es sich abgespielt hat. Also lesen sie eine Autobiografie darüber.


Auch ich habe schon einige Male mit dem Gedanken gespielt, meine bisherige Geschichte niederzuschreiben. Hört sich schräg an das aus dem Mund von einer fünfzehnjährigen zu hören, ich weiss. Aber ich hatte dieses Kopfkino, weil ich das Gefühl habe, dass ich bereits sehr viel erlebt habe, an vielen Orten war, spannende Leute getroffen habe und auch mich die Angst des Vergessens heimsucht. Ich würde gerne für meine Freunde, Familie und auch vor allem mich schriftlich festhalten, was ich alles erlebt habe. Ich glaube, es wäre ein riesen Spass ein Buch zu schreiben. Natürlich ist auch das auf reinen Egoismus zurückzuführen. Lena Dunham ging es vielleicht etwas ähnlich, obwohl im Gegensatz zu mir, ist sie berühmt geworden und hat, nachdem sie zur coolsten Person des Jahres 2012 ernannt wurde, eine Autobiografie geschrieben. So weit so gut - nur: Das wichtigste für mich ist die Message eines Buches. Was nimmt man von einem Buch mit, dass den Titel 'Not that kind of girl - Was ich im Leben so gelernt habe' hat? Ich konnte ehrlich nichts Neues mitnehmen. Muss ich ja auch nicht, aber ich frage mich, ob das nur ich bin. Ob mir Lena Dunhams Leben zu einfach war, ob ich mich einfach zu fest darüber störte, dass Sex ein riesiges Thema ist. 


Das Buch ist nicht chronologisch geordnet, es ist in fünf Kapitel unterteilt - Sex&Liebe, Körper, Freundschaft, Arbeit und das grosse Ganze. Ich fand das Lesen durch diese Kapitel extrem komisch, man hat sich keine Namen von anderen Personen merken können, jedes Teilkapitel wirkte irgendwie aus dem Zusammenhang gerissen und alles folgte zeitlich extrem nahe aufeinander. Lena Dunham hat Jahrgang 86, sie ist blutjung. Das Buch ist einfach nicht in einem Fluss geschrieben und wohl oder übel merkt man das halt einfach und ich empfand es als störend. Ich bin sicher, dass andere gerade das als einen wunderbaren Punkt herauskristallisieren, aber mir war der ganze Schreibstil in Kombination mit dem Inhalt einfach zu wenig authentisch. Alles war extrem in die Länge gezogen und mühsam lustig beschrieben. Es wirkte so aufgesetzt, unecht, ein wenig dahin gepflatscht. Nach dem Beenden des Buchs fühlte ich mich wie vor dem Beenden, wie mich. Ich hätte das Buch genau so nicht lesen können und wäre in meinem Leben gleich weit. Ich möchte aus Büchern lernen, etwas daraus mitnehmen und wenn ich das nicht kann, dann ist das für mich leider ein Anzeichen für ein schlechtes Buch. Das ist wohl nicht fair zu sagen - gerade bei einer Biografie, aber das Buch war einfach nicht so meins. Einen richtigen Kritikpunkt habe ich nicht einmal, Lena Dunham schreibt sehr wohl amüsant, lässig und unbeschwert, aber eben für mich reicht das einfach nicht mehr. 

Im Buch erwähnt sie ihre Zwangsstörung immer nur am Rande, was unglaublich schade ist. Genau das wäre meiner Meinung nach ein spannender Punkt, der wahrscheinlich auch vielen Leuten weiterhelfen könnte, oder der wichtig gewesen wäre näher beschrieben zu werden. Ich habe bereits drei Bücher über Zwangsstörungen gelesen und in jedem habe ich Neues erfahren und vor allem auch gemerkt, wie bedeutungsvoll es ist mehr darüber zu schreiben und zu lesen. Die New Yorkerin beendet ihr Vorwort zum Buch mit folgendem Zitat: Ich bin eine junge Frau mit ausgeprägtem Interesse zu bekommen, was ihr zusteht, und was hier folgt, sind die hoffnungslosen Nachrichten von der Front, an der ich dafür kämpfe. Dieser Satz beschreibt eigentlich auch meine Auffassung von Lena Dunham sehr gut. Sie macht, was sie will und erreicht das auch. Ob sie wirklich und regelrecht dafür kämpft, kann ich nicht sagen. Ich habe auch ihre Serie GIRLS noch nicht gesehen, habe sie aber empfohlen bekommen und nun die ersten beiden Staffeln zuhause auf DVD, mal schauen, wie sie mir gefällt. 


Ein Punkt, der mir ebenfalls Mühe bereitet hat, ist der, dass auf dem Buchumschlag steht, dass Lena Dunham das Lebensgefühl einer neuen Generation Frau auf den Punkt bringt. Erstmals finde ich den Begriff einer neuen Generation Frau ziemlich daneben und abwertend, zweitens finde ich es falsch eine Frau, die Erfolg hat und in ihrem Buch über ein typisches Standart-Leben schreibt, als eine gesamte Generation zu bezeichnen. Wir merken es doch alle - es gibt so viele verschiedene Menschen, die ganz anders sind und sich in so vielen Punkten unterscheiden! Wenn der Titel also NOT that kind of girl ist, wieso wird Lena Dunham dann als Stimme der GANZEN Generation bezeichnet? Ich kann wohl sagen, dass 'Not that kind of girl' einfach nicht ganz 'my kind of book' ist. Zu quirlig und zu uninteressant - ich hätte mir schlicht und einfach mehr erwartet.

Nachtrag: Ich habe mir zwischen dem Schreiben der Rezension und dem Veröffentlich der Rezension die ersten beiden Staffeln der Serie GIRLS angeschaut. Die Serie gefällt mir extrem gut. Lena Dunham spielt darin die Hauptperson und ist eine wahnsinnig gute Schauspielerin. In der Serie sind viele autobiographische Elemente enthalten, die mir bereites aus ihrem Buch bekannt waren. Lena Dunham wird mir tatsächlich immer sympathischer mit jeder Folge die ich schaue. Meine Anmerkung zum Buch: Literarisch ist es nicht geeignet, aber für eine Serie ist Dunham Humor absolut treffend und gefällt mir mehr als gut. Von daher bleibt mir ihr Buch doch etwas mehr in den Ohren als gedacht, wobei ich allerdings nicht ganz unterscheiden kann, ob dies jetzt mit der Serie oder mit der Autobiographie zu tun hat. Diskussionsstoff ist die New Yorkerin aber alle Mal. Ich empfehle das Buch ungerne, die Serie lege ich euch aber gerne ans Herz. 


sphères | buchhandlung

10 Mai 2017

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Das Sphères ist nun bereits die dritte Buchhandlung in Zürich, die wir euch gerne vorstellen möchten. Sie gehört mit zu einer unseren liebsten, dies vor allem auch deshalb, weil sie nicht nur eine Buchhandlung, sondern auch eine Bar ist. Wir verweilen oft zusammen in diesem Lokal, das ursprünglich eine Anlieferung für Porzellangrosshandel war, haben wunderbare Gespräche, essen köstlichen Schokoladenkuchen und trinken Pfefferminz- oder Ingwertee. Das Sphères hat auch einen integrierten Kulturbetrieb, die Bühne. Hier finden etliche Veranstaltungen statt; Buchvernissagen werden gehalten, kleine Konzerte gespielt, Filme werden gezeigt, Diskussionen geführt, Kleinkunst ausgestellt oder Spiele gespielt. Bei diesen Veranstaltungen wird zwischen sphèresplay und cinèsphères unterschieden. Wie die Buchhandlung sec52, die wir euch im April hier vorgestellt haben, hat auch das Sphères einen eigenen Verlag: sphèresessays. Er verlegt in Eigenreihe Bücher und wurde 2013 von Bruno Deckert und Peter Schneider gegründet. Alle Bücher haben einen 'introventionischten Charakter'. Die Buchauswahl der Buchhandlung ist sehr zeitdiagnostisch. Eine riesige Auswahl an aktueller Literatur ist zu finden. Der Fokus liegt auf Büchern, die zum Verständnis der heutigen Zeit beitragen. Über tausend Bücher sind im Sortiment zu finden, und selbstverständlich ist es auch möglich Bücher direkt in der Buchhandlung zu bestellen. Neben Belletristik hat der Laden auch eine grosse Auswahl an Notizbücher, vorwiegend Moleskine, und Karten. Das Café ist riesig. Sitzgelegenheiten gibt es auf einer Rampe, im ebenerdigen Bereich, erhöht auf einer Galerie, im Wintergarten, oder direkt an der frischen Luft. Zum Verweilen und Stöbern wird eingeladen. Die Auswahl an Getränken ist gross. Von Alkohol wie Wein, Bier oder Drinks bis hin zu Kaffee, Softdrinks und einem Teesortiment ist alles dabei. Für den kleinen Hunger, sowie für Apéro und Kuchen ist die Bar ebenfalls gut ausgestattet. 

Genauso wie die Buchhandlung. Auf dem folgenden Bild sieht man einige Einblicke an die kunterbunte, gut sortierte Bücherwelt im Sphères. Uns gefallen gerade diese kleinen, thematisch sortierten 'Leseinseln'/'Buchinseln' unglaublich gut - die Themen davon sind beispielsweise Philosophie oder Politik, und es gibt auch eine ganze, wenn auch kleine, Abteilung für Reiseliteratur - hier findet man die besten und individuellsten Reiseführer! Vor allem aber die Belletristik-Sektion, die natürlich entsprechend auch nicht die grösste ist, ist super. Denn man findet hier alles mögliche, ganz viele interessante und nicht allzu bekannte Bücher und einfach eine sorgfältige Auswahl. Unser Lieblingstisch ist übrigens - wie könnte es anders sein - der dort hinten, inmitten der Bücher! Man kann stundenlang stöbern, trinken und essen, über Bücher sprechen oder für den Blog arbeiten, und natürlich sind das nur einige der Dinge, für die wir regelmässig herkommen!




Wir geniessen jeden Besuch in diesem Lokal nahe des Escher- Wyss Platzes in Zürich. Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln ist das Café gut erreichbar und trotzdem etwas abseits des Getümmels und befindet sich an der Sihl. In dieser Buchhandlung finden sich die verschiedensten Leute wieder, sie alle scheinen entspannt und glücklich in diesem Lokal eine kurze oder lange Auszeit vom Alltagsstress zu nehmen. Auch für einen Internetzugang ist gesorgt, viele treffen sich hier geschäftlich oder kommen her zum Lernen. Als Besucher_in fühlt man sich einfach pudelwohl und kultiviert im Sphères. Wie der Name schon verrät - so  ein richtig atmosphärischer Bereich.  Eine Empfehlung, die wir euch wärmstens ans Herz legen, uns findet man nämlich häufig in dieser ganz speziellen Buchhandlung. 



Buchhandlung Sphères
Hardturmstrasse 66
8005 Zürich

www.spheres.cc

Besonderheiten
+ Eigener Verlag, sphèresessays
+ Bar, Buch und Bühne in einem
+ Zeitdiagnostische Bücher, die zum Verständnis der heutigen Zeit beitragen
+ grosse Auswahl an Büchern und Sitzgelegenheiten
+ schönes Café mit feinem Kuchen und Getränken
+ gute Lage
+ viel Platz, lädt zum Verweilen ein
+ Bücher sind bestellbar



Über Anregungen und Tipps für diese Reihe sind wir sehr dankbar - wie gefällt Euch dieses Format?

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