one | rezension

13 November 2015

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Grace und Tippi sind Zwillinge. Siamesische Zwillinge.
Und ihr Leben wird sich verändern.
Da sie nicht länger zu Hause unterrichtet werden können, müssen sie sich in eine Welt voller Starren, Hohn und Grausamkeit wagen. Werden sie mehr als das finden in der Schule? Können sie echte Freunde finden. Und vielleicht sogar... Liebe?
Jedoch können weder Grace noch Tippi die herzzerereissende Entscheidung voraussehen, die vor ihnen liegt. Eine Entscheidung, die sie auseinanderreissen könnte. Eine, die ihre Leben mehr verändern wird, als sie sich vorstellen können.


One von Sarah Crossan


Verlag: Bloomsbury • Seiten: 430 Seiten • Fassung: Gebundene Ausgabe mit Schutzumschlag

"Here we are."

An diesem Buch ist ganz viel Besonderes dran, schon nur, dass es um siamesische Zwillinge geht, hat mich wahnsinnig fasziniert. Es ist ein Thema, das ich noch nie in Jugendliteratur verarbeitet gesehen habe, und ich war nicht nur deswegen unheimlich gespannt, wie Sarah Crossan dieses Thema umgesetzt hat. Noch dazu sind die 400 Seiten allesamt in Gedichten geschrieben, die sich nicht reimen, Free Verse. Ich wusste nicht genau, auf was ich mich einlasse. Und trotzdem begann ich ziemlich schnell mit dem Buch. Nur wünschte ich, hätte ich es mir für ein bisschen später aufbewahrt und alles in einem Rutsch  gelesen.

Die Sprache ist einfach gehalten, das Englisch verstand ich ohne Probleme, und doch lag darin auch der Grund, weshalb ich nicht ganz zufrieden war, wie ich das Buch gelesen habe. Ich bin ziemlich überzeugt davon, dass im Buch viel zwischen den Zeilen gesteckt hat, kleine Zeichnungen und poetische Höhepunkte, durch die feinen und sensiblen  Worte der Verse vorskizziert und dann in der eigenen Auffassung der Sprache eines Muttersprachlers aufgeblüht. Ich denke, je besser man die Sprache beherrscht, umso mehr konnte man von Crossans Schreibstil auffangen und auch wieder freier interpretieren. Die Autorin lässt sich Zeit, die Geschichte zu erzählen. Und doch ist ihre besondere Stimme immer da und erzählt mit unablässiger Intensität von Geschehnissen, die erzählt von allen anderen banal erscheinen. Ihre eigene Stimme ist es jedoch, die sich einbrennt in die Köpfen und in die Haut ihrer Leserinnen, mit der Handlung. Es ist fast schon ein Wettstreit zwischen diesen zwei unheimlich positiven Eigenschaften dieses Buches, und doch harmonieren beide Aspekte wunderbar miteinander, und nur zusammen machen sie dieses Buch vollständig und so besonders.


Wie erwähnt, hatte ich nicht wirklich eine Freiheit, ich wurde an ihre Worte gebunden, da ich nicht zwischen den Zeilen lesen konnte. Ich  weiss aber gar nicht, ob das so schlecht ist, denn ihre Worte sind, wie ihr bestimmt schon meinen Worten dieser Lobeshymne entnehmen konntet, einzigartig und offenbaren ganz etwas Neues. Die Geschichte von Grace und Tippi ist ebenfalls neu, ich wusste nicht, auf was  ich mich einliess und wie meine Gedanken sich  verselbstständigen könnten, wenn ich doch noch so unerfahren auf diesem Gebiet war. Ihre Worte umhüllten mich und wiegten mich sanft in die Erzählung, und doch schonten sie mich nicht, keinesfalls. Sie rührten mich zu Tränen und berührten mich da, wo es nur wenige Bücher und Worte zuvor taten.

Was ich ebenfalls sehr speziell fand, war meine automatische Annahme, nun in ein multperspektivisch erzähltes Buch zu starten. Dabei hat nur Grace erzählt. Ich glaube, die Autorin hat sich ziemlich was gewagt und sich als mutig erwiesen, nur eine der beiden erzählen zu lassen. Grace und Tippi sind ein eingeschworenes Team und haben doch so unterschiedliche Charaktere und Leidenschaften.

Und davon erzählt Sarah Crossan, oder Grace. Von ihnen als eingeschworenes Team, dass sie sich lieben, und nicht mehr ohne einander leben können. Dass sie zusammen vollständig sind, zueinander gehören. Ich nahm es ihr ab, sie brachte mich auf andere Gedanken. Ich dachte, als siamesischer Zwilling ist man unglücklich, weil man nicht mehr ganz selbst ein Individuum ist. Und doch ist man das, das beweist Grace. Und dass es weitaus schlimmeres gibt, als für immer an eine Schwester gebunden zu sein. Unter anderem, wenn hinter dieses für immer ein Fragezeichen gestellt wird, wenn sie plötzlich getrennt werden würden. Das wäre unendlich schlimm für beide.


Und doch würde Grace gerne etwas anderes machen. Sie kann keinen Film alleine schauen, keine Musik hören, ohne dass Tippi nicht mindestens die lautesten Töne mitbekommt. Und dann gibt es da diesen einen Jungen - Jon - der ihr etwas schenkt, ihr alleine. Bücher, die sie lesen kann, alleine, ihre Gedanken ganz tief spürt. Und Jon würde sie auch gerne spüren, doch das ist zur Zeit schwierig.

Dieses Buch hat mich umgehauen, mich tief berührt, weil es voller wahren, berührenden Wörter steckt, es hat meine Liebe zu Büchern, die in Free Verse geschrieben sind, entflammt, mir viel über das Leben von siamesischen Zwillingen erzählt und mich auf andere, neue Gedanken gebracht. Was kann man sich mehr von einem Buch wünschen, als besondere Denkanstösse, die Offenbarung eines neuen Themengebiets und ein Schreibstil, der sich einprägt? 

Sarah Crossan lebte in Dublin, London und New York und lebt nun in Hertfordshire. Sie absolvierte die Uni mit einem akademischen Ausmass in Philosophie und Literatur, bevor sie als Englisch- und Theaterlehrerin an der Cambridge Universität arbeitete. Seit sie ihren Master in kreativem Schreiben abgeschlossen hat, arbeitet sie an verschiedenen Schulen und leitet Kurse für Kinder in kreativem Schreiben.
2 Kommentare
  1. Sehr inspirierende Rezension, du scheinst das Buch wirklich zu lieben.

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    1. Vielen Dank, und ja, dem ist so! Wünsche dir einen schönen Abend!

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