der hype um elena ferrante | buchbesprechung der ersten zwei bänder

06 Oktober 2017

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In diesen Sommerferien bin ich endlich dazugekommen, mit der Elena Ferrnate Reihe zu beginnen und habe nun bereits die ersten zwei Bände gelesen. Nach dem Erscheinen des zweiten Bands vor einem Jahr ist der Hype um die italienische Schriftstellerin etwas zurück gegangen, doch mit dem neu erschienenen dritten Band scheint sie mir wieder das neuste Gesprächsthema bezüglich Literatur zu sein. Über die Identität dieses Pseudonyms wurde mehrmals spekuliert und im Oktober 2016 wurde die mögliche Frau, die sich hinter diesem Pseudonym versteckt, entlarvt. Ich kann mich nicht ganz entscheiden, ob ich es gut finde, dass ein Geheimnis aus der Autorin gemacht wird, oder nicht. Wie Elena Ferrante selber auch, finde ich, dass letzten Endes der Roman selber mehr gesichtet werden sollte, als die Autorin. Andererseits frage ich mich, weshalb man als Schriftsteller_in nicht öffentlich hinstehen kann - gerade bei diesem Erfolg - und seine Beweggründe etc. mit der Aussenwelt zu teilen. Pseudonym hin oder her - ich habe die ersten beiden Bände gelesen und möchte meine Gedanken nun mit euch teilen.




Meine geniale Freundin, Band 1 

Sie könnten unterschiedlicher kaum sein und sind doch unzertrennlich, Lila und Elena, schon als junge Mädchen beste Freundinnen. Und sie werden es ihr ganzes Leben lang bleiben, über sechs Jahrzehnte hinweg, bis die eine spurlos verschwindet und die andere auf alles Gemeinsame zurückblickt, um hinter das Rätsel dieses Verschwindens zu kommen.



Wie bereits zu Genüge erwähnt - Elena Ferrante gehört zu den wichtigsten zeitgenössischen Autorinnen und wurde in den Medien rauf und runter besprochen. Ich kann von mir nicht behaupten, dass ich nach dem ersten Band im Ferrante- Fieber bin, aber auch mich hat der Roman in einen Bann gezogen. Die Geschichte hat einen wahnsinnigen Sog, mit dem man ohne Problem mitziehen und in die Tiefen des Buches eintauchen kann. Die Freundschaftsgeschichte zwischen Lila und Lenu spielt in Neapel in den 50er/ 60er Jahren. Eine Zeit, die mich sehr fasziniert und ich immer wieder gespannt bin, was mich literaturtechnisch erwartet. Da ich noch nicht vor all zu langer Zeit das Buch 'Wir Glücklichen' gelesen habe, konnte ich auch einen Vergleich zu den 60ern in Amerika anstellen. In der italienischen Provinz geht es auf jeden Fall anders zu und her als in Hollywood. Elena Ferrante überbringt die Stimmung auf eine ganz spezielle Art, sie ist vor allem von den genauen und detaillierten Beschreibungen der Orte und Taten geprägt. Mit sehr viel Feingefühl wird rückblickend auf die Freundschaft der beiden Mädchen geschaut. Die ganze Zeit über fragt man sich, weshalb diese Lila nun verschwunden ist. Eine fast typische 'auf der Spur der Vergangenheit' Geschichte, was mir persönlich immer schon gefallen hat. Im ersten Band wird aus der Kindheit und Jugend erzählt, Schlüsselerlebnisse von damals, die bis heute prägend waren. Wir haben es mit sehr vielen Personen zu tun - auf den ersten Seiten gibt es glücklicherweise ein Verzeichnis, das ich mehrmals zum Nachschlagen benutzen musste. Die vielen Menschen haben mich teilweise verwirrt, aber eigentlich hat es mich nicht gestört, weil es zur Stimmung der Geschichte beigetragen hat. Dieses volkstümliche Dorf wurde dadurch lebendig. Anfänglich habe ich erwartet, dass das Buch 'spannend' und mitreissend ist, ähnlich wie bei einem Krimi. Aber das ist es nicht. Nicht wirklich - viel mehr entsteht eine Stimmung, geprägt von Nostalgie. Lenu erzählt uns die Geschichte ja rückblendend und ist dabei keines Falls verurteilend, im Gegenteil; sie beschreibt, reflektiert und hinterfragt. Sie sucht natürlich Parallelen zu der Lila von damals zu der von heute und natürlich auch von sich selbst. Der Roman hört an einem sehr wichtigen Punkt ihrer Jugend auf, der einem richtig gespannt auf den zweiten Band macht. Ich hatte nach dem Lesen auf jeden Fall Lust auf mehr, musste allerdings eine Pause einlegen, eine Verarbeitungszeit. Ansonsten wäre es zu viel des Guten. Die Geschichte ist nämlich dann doch recht langfädig. Historisch ist das Buch sehr informativ, die Beziehungen zu Eltern, Freunden und dem restlichen Umfeld wurden mehrmals genau beschrieben und auch die Architektur sowie die verschiedenen Sitten von damals kamen beim Leser an. Ein atmosphärischer erster Band. 


Die Geschichte eines neuen Namens, Band 2

Trotz all dieser Widrigkeiten beharren Lila und Elena immer weiter darauf, ihr Leben selbst zu bestimmen, auch wenn der Preis, den sie dafür zahlen müssen, bisweilen brutal ist. Woran die beiden jungen Frauen sich festhalten, ist ihre Freundschaft. Aber können sie einander wirklich vertrauen?


Elena Ferrante hat mich auch nach dem zweiten Band ihrer Reihe überzeugen können. Ich finde es immer etwas schwierig ein Buch zu mögen, dass im Mainstream angelangt ist. Alle sprechen darüber, irgendwie mögen es alle und das macht mich immer leicht skeptisch. Ist das Buch schlussendlich einfach belanglos oder weshalb kann eine Autorin mit einem Roman eine solch breites Publikum begeistern? Ich weiss nicht, was das Geheimrezept ist, aber irgendwie hat sie es geschafft. Und gute Bücher soll man loben dürfen, auch wenn es noch unzählige andere tun. Eigentlich ist es ja um so schöner zu sehen, dass ein gutes Buch zum Bestseller geworden ist und kein schlechtes. Ich finde sogar, dass dieses Buch alles andere als Mainstream ist, ich habe noch nie zuvor eine vergleichbare Geschichte gelesen, ich bin verfallen. Hopelessly consumed. Der Übergang vom ersten zum zweiten Band verlief sehr fliessend, ich war bereits nach den ersten Seiten wieder im Rione angelangt und mitten in der Geschichte, trotz einer längeren Lesepause. Während mehreren Wochen hat mich dieses Buch praktisch überall hin begleitet. Ich komme leider in letzter Zeit nicht besonders viel zum Lesen, aber trotzdem hatte ich das 600- seitige Buch fast immer dabei, da ich es sehr geniesse in öffentlichen Verkehrsmitteln zu lesen. Elena Ferrante hat ein Talent für Worte, ich muss es einfach noch einmal erwähnen. Mich fasziniert die Freundschaft zwischen Lenu und Lila sehr, sie scheint so einzigartig, aber wahrscheinlich ist gerade auch diese Beziehung zwischen den beiden ein Punkt, weshalb so viele Leute diese Geschichte mögen. Ihre Beziehung ist nicht perfekt, im Gegenteil - die meiste Zeit wird sie relativ negativ beschrieben und man fragt sich als LeserIn, weshalb sie sich das noch antun. Jeder kennt wohl die Gefühle, die Lenu gegenüber Lila hat und man versteht beide Seiten. Das schöne für mich, war zu sehen, dass sich die beiden Mädchen trotz den vielen Schwierigkeiten und Sorgen von tiefstem Herzen aus lieben. Elena Ferrante beschreibt den Alltag und die Menschen in ihrem Roman so genau, dass man das Gefühl hat, man könne sie auf der Strasse wieder erkennen. Ich freue mich unglaublich in den Ferien den dritten Band zu lesen. In Italien, ganz in der Nähe von Neapel, ganz in der Nähe vom Rione, mitten im Geschehen.





4 Kommentare
  1. Hach, Elena Ferrante - ich lese ihre Bücher wahnsinnig gerne und mag ihren Schreibstil total.

    Neri, Leselaunen

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    1. schön zu hören, dass auch sie dich überzeugen konnte! <3 Anaïs

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  2. Ach, ich habe die ersten beiden Bücher auch geliebt! Ich finde Elena Ferrantes Erzählweise wahnsinnig angenehm und auch die Figuren und die Umgebung sind so atmosphärisch und dicht beschrieben! Den dritten Teil mochte ich ehrlich gesagt etwas weniger, irgendwie fehlte es mir da an etwas, auch wenn ich nicht genau sagen kann, was das eigentlich war. Ich bin gespannt, wie du das empfinden wirst und wünsche dir schon jetzt viel Spaß beim Lesen!

    Mit vielen lieben Grüßen
    Liesa

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    1. Liebe Liesa, herzlichen Dank für deinen Kommentar! Ich bin schon unglaublich gespannt auf den dritten Band, gerade nach deiner Nachricht hier! Meiner Mutter hat er viel besser als alle anderen gefallen, ich lasse mich überraschen. Ich werde euch hier auf dem Blog sicher teilhaben lassen, wie ich es gefunden habe! Viele liebe Grüsse zurück, Anaïs

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