Das Rauschen in unseren Köpfen | Buchgedanken

09 August 2017

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»Die Abende, die Nächte gehörten uns. Wir gingen nicht raus. Wir hatten hier alles, was wir brauchten, das heißt: uns. Wir hätten uns auch in einer Bar gehabt, im Kino, in einem Restaurant; aber eben nicht so, wir hätten uns teilen müssen mit einer ganzen Welt, die nach Aufmerksamkeit schrie.« Lene lebt mit ihrer besten Freundin in einer WG in einer großen Stadt, ihre liebevolle Familie und der Freundeskreis geben Halt. Als sie Hendrik begegnet, scheint ihr Glück perfekt. Sie plant eine gemeinsame Zukunft, doch Hendriks Vergangenheit schleicht sich in ihr Leben ein. Da ist seine zerrüttete Familie, sein bisweilen merkwürdiges Verhalten. Und Klara. »Svenja Gräfen erzählt eine kleine Weltbewegung: Wer schon mal verliebt war, weiß es ja: Die Liebe ist – wenn auch nur für eine Zeit – alles. Wie wir‘s nicht planen können, nichts im Leben, das erzählt Gräfen tastend und ernst.Ich hab's gern so.« Nora Gomringer

UllsteinFünf | 240 Seiten | Gebunden mit Schutzumschlg | ca. 16,00 Euro [D]

Während des Lesens dieses Buches existierte tatsächlich ein Rauschen im Raum - alles, ausser Svenja Gräfens Sprache schien zu verschwimmen. Das Buch hat mich mitgenommen, und wie. Wir sehen, wie das junge Paar Lene und Hendrik durch Berlin rauscht. Wir folgen ihren rauschenden Gedanken, und ziemlich oft auch dem rauschenden Ausgang.

Was aber macht das Buch genau aus? Es ist wohl der Zeitgeist, den Svenja Gräfen graziös und scheinbar mühelos trifft, ohne grosse Umschweife. Wir Jungen möchten möglichst in einer globalisierten Metropole leben, möchten ständig unsere sozialen Kontakte weiter aufknüpfen. Vor allem aber suchen wir in allen Ecken und Winkeln nach Bestätigung - und nach dem Rausch. Dabei vergisst man sich oft selbst, und trotz zahlreicher Vegan-Trends schwindet unser Bewusstsein mehr und mehr. Wir möchten für etwas stehen, vor allem aber auch neben jemandem stehen. Und dann folgt hier irgendwann der Fall, die Bewusstwerdung, die Depression. Die Figuren in diesem Roman haben mehr oder weniger alle ganz schön zu kämpfen, mit ihren eigenen und ganz fremden Dämonen. Für diesen Kampf entwirft Svenja Gräfen aber eine zarte, leise-poetische Sprache, deren Sog man sich fast nicht entziehen kann.

Und so wird die Welt unserer beiden Protagonist_innen geschaffen. Sie leben in einer Millionenstadt, aber sie leben eben auch in einem unsichtbaren Gebilde aus Emotionen, das für unser an lebhafter Farbe gewann, sichtbar wurde. Damit hat Svenja Gräfen praktisch das Unmögliche möglich gemacht, und darin liegt auch der Zauber vom Rauschen in unseren Köpfen.
4 Kommentare
  1. Von diesem Buch habe ich nun schon öfter gehört und ich möchte es unbedingt lesen! :)

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    1. Kann es Dir wirklich empfehlen, hat eine tolle Stimmung!

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  2. Also Cover und Inhalt sprechen mich definitiv an! Danke für die Rezension!

    Neri, Leselaunen

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    1. Sehr gerne, liebe Neri! Ich kann es Dir wirklich empfehlen <3

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