SEX. MACHT. SPASS. UND PROBLEME. Wie frei und gleichberechtigt sind wir? Warum fällt es uns leichter, übers Essen zu reden als über Sex? Haben wir die Fesseln der Unterdrückung längst gesprengt, oder haben wir nur gelernt, in ihnen shoppen zu gehen? In diesem Buch erzählt Margarete Stokowski von den kleinen schmutzigen Dingen, über die man lieber nicht redet, weil sie peinlich werden könnten. Und sie schreibt über die grossen Machtfragen, über die man lieber auch nicht redet, weil vieles so unveränderlich scheint. Es geht darum, wie die Freiheit im Kleinen mit der Freiheit im Grossen zusammenhängt, und am Ende wird deutlich: Es ist dieselbe.
Margarete Stokowski Buch hat mich definitiv belehrt und mir ganz neue Einsichten in mein heutiges Denken gegeben. Seit ich ihr Buch gelesen habe, achte ich mich viel mehr auf Alltagssexismus und mein Bewusstsein hat sich allgemein einfach verschärft. Dinge, die klein erscheinen, es aber nicht sind. Zum Beispiel Pärchen Pullover von bekannten Youtubern Deutschlands auf denen steht: HIS Queen und THE King. Wieso gibt es solche sexistische Mode? Weshalb werden die Frauen immer als Besitzeigentum der Männer dargestellt? Ich stelle mir solche Fragen, genau auch wie Margarete Stokowski in ihrem Buch. Sie geht solchen Fragestellungen bis ins Detail nach und bespricht sie ganz genau. Ich finde es grossartig, wie sie es schafft zugleich kritisch, humorvoll und ernst zu bleiben. Eine Kombination, die einem das Buch leicht lesen lässt und es trotzdem nicht lächerlich wirken lässt. Schon im Vorwort konnte mich Stokowski mit ihrer lockeren Art, die Dinge zu beschreiben, überzeugen. Folgendes Zitat ist mir geblieben:
"Man wird aus diesem Buch auch nicht erfahren, ob ich mich beim Sex lieber im Bett oder auf dem Küchentisch befinde, aber man wird erfahren, dass ich weder das eine noch das andere für emanzipiert oder langweilig halte, sondern denke, dass die Qualität des Liebemachens auch davon abhängt, wer den Küchentisch am nächsten Morgen decken wird und wer die Bettwäsche wechselt."
Das Buch ist eine Sammlung von literarischen Essays aus verschieden Zeiten ihres Lebens. Am Anfang des Buches erzählt Margarete Stokowski von ihrer Kindheit, von kleinen Erlebnissen, die ihr geblieben sind und an die sie sich jetzt zurückerinnern möchte. Wie bereits erwähnt ist Alltagssexismus eines der grössten Themen, die mich auch immer wieder aufs Neue schockierten. Was die Bravo und anderer Zeitschriften für junge Mädchen bedeuten kann und was für schlechter Kontent sich darin befindet, war mir zwar bewusst, aber dass darin in diesem Masse Scheisse veröffentlicht wird, habe ich erst jetzt so richtig erkannt. Shame on me.
"Wir wissen aus dem Global Gender Gap Report 2015, dass es - wenn alles so weitergeht - bis ungefähr 2133 dauern wird, bis Männer und Frauen in der Arbeitswelt gleichgestellt sind."
Ich bin fünfzehn Jahre alt und habe das Gefühl, dass ich im Gegensatz zu anderen Mädchen in meinem Alter relativ viel über Sexismus und Feminismus weiss. In einem Grossteil des Buches schreibt die deutsche Autorin mit polnischen Wurzeln nämlich von ihrer Zeit als Fünfzehnjährige. Sie erzählt uns, was sie da vom Leben, von Sex und allem möglichen gedacht hat. Ich denke in vielen Punkten nicht gleich, ich habe mich wohl bereits mehr mit diesen Themen befasst als sie in meinem Alter und trotzdem lassen mich viele Punkte denken: Was? Ist das nicht so? Ich habe immer gedacht, dass das so ist... Lauter Aha- Momente. Von daher kann ich auch ganz klar sagen, dass mich das Buch aufgeklärt hat, dass ich viel Neues gelernt habe und das obwohl ich wohl in dem Sinne nicht die Zielgruppe bin. Wahrscheinlich spricht Stokowski Frauen in ihrem Alter an und nicht unbedingt Jugendliche. Selbst wenn ich eben nicht unbedingt zu dieser Gruppe Menschen zugehöre, hat mir das Buch die Augen geöffnet, wenn nicht schon aufgerissen und mich auf den Boden der Tatsachen zurückgeführt: Wir leben in einer Gesellschaft, in der die Frau regelrecht zum Sexobjekt gemacht wird, zur derjenigen, die lockt wobei der Mann immer noch derjenige ist, der erhält - der Eroberer der Frau, ihr Besitzer.
"Es stimmt aber nicht. Wir sind nicht umgeben von Sex, sondern von einem diffusen Versprechen von Sex - gerade so diffus, das es sich meist auflösen lässt in einen Zusammenhang von einerseits nackter Haut, vollen Lippen und langen Haaren und andererseits zu kaufenden Produkten oder zu konsumierenden Medien."
Ich habe mit dieser Lektüre so viel Neues erfahren, dass ich hier allen Dingen gar nicht gerecht werden kann, dafür müsste man das Buch schon selber lesen, was ich euch allen herzliche empfehlen mag. Wieso gibt es Ausdrücke wie Karrierefrau und kein entsprechendes Pendant für den Mann? Wieso nennen wir Kleinkinder des männlichen Geschlechts häufig der kleine Mann und sagen das nicht auch zu unseren kleinen Mädchen? Rollenbilder. Überall nur Rollenbilder. Es fängt schon vorgeburtlich an: An einer Stelle schreibt Stokowski, dass schon Väter Fussballspiele mit ihrem Sohn im Kopf durchgehen, sobald sie erfahren, dass sie einen Jungen zur Welt bringen. Ich möchte Frauen da nicht rausnehmen, ganz klischeehaft erhoffen sich wohl auch viele eine Shoppingtour mit ihrem Mädchen. Aber selbst hier zeigt sich ja: Mädchen und Frauen werden häufig auf ihr Aussehen reduziert, und reduzieren sich auch selbst darauf. Rollenbilder begegnen uns täglich und oft fällt es uns nicht einmal mehr auf, oder es fällt uns auf und wir finden es geradezu grausam, dass es solche Szenen überhaupt noch gibt. Ein Beispiel: Wieso werden Mädchen im Alter von zehn bis fünfzehn Jahren an einem Tanzwettbewerb entweder Wäsche aufhenkend oder Po wackelnd auf der Bühne gesehen?
"Frauen unterschätzen sich und werden unterschätzt, immer noch. Sogar Stürme mit Frauennamen werden unterschätzt: Hurrikane mit Frauennamen töten mehr Menschen als solche mit Männernamen, weil Leute sich vor ihnen seltener in Sicherheit bringen."
So schonungslos wie sie schreibt lässt sie einem mit einfachen Fakten die Kinnlade herunterklappen. Sie hat mich hinterfragen gelernt und mir mein Bewusstsein massiv verschärft. Margarete Stokowski schreibt von Freiheit und möchte uns eigentlich vor allem eine entscheidende Mitteilung auf den Weg geben: Tut alles, was ihr tut freiwillig und seid euch bewusst, was ihr denn dabei macht. Sie betont mehrmals, dass es sehr wohl auch Menschen - Frauen sowie Männer gibt, die gerne ihre traditionellen Rollenbilder denken und diese auch ausleben möchten. So lange sie das wollen, ist das auch völlig in Ordnung. Trotzdem soll man nicht alles zur Kenntnis nehmen, man soll nachhaken, hinterfragen, offen sein, ja man soll anders sein. Dabei zitiert sie vor dem sechsten Kapitel ihres Buches auch Wonder Woman, die sagt, dass jetzt, also immer, ein guter Zeitpunkt ist, geschlossene Türen zu öffnen und zu hinterfragen. Stokowski macht mir nämlich auch klar, dass ich zu schlecht aufgeklärt bin, dass wir alle zu wenig wissen und uns deshalb bilden und informieren müssen. Ich empfehle dieses Buch aus tiefstem Herzen, weil ich finde, dass es extrem wichtige Bilder und Werte vermittelt, die verbreitet werden sollten. Ich könnte noch Stunden lang auf jeden von Stokowski erwähnten Aspekt eingehen, das Buch regt nämlich extrem zum Nachdenken an, aber das würde einfach viel zu lange dauern. Ich habe schon jetzt das Bedürfnis dieses Buch erneut zu lesen, ich habe schon wieder so viel vergessen und möchte noch so viel weiter lernen.