Sheila lebt in Toronto: Frisch geschieden und künstlerisch blockiert von der Arbeit an einem feministischen Stück, das sie für ein Theater schreiben soll, steckt sie mitten in der Lebenskrise. Alle anderen scheinen zu wissen, wie das geht: authentisch leben. Nur sie weiss es nicht, hat sie doch das meiste von Männern gelernt, die ihr etwas beibringen wollten.
Also beginnt sie, Gespräche mit ihrer besten Freundin, der Malerin Margaux, auf Band aufzuzeichnen, macht sie zum Untersuchungsobjekt ihrer philosophischen Neugier. Und nicht nur sie, sondern auch ihren dominanten neuen Lover Israel. Aber wo bleibt dabei sie selbst? Was, so fragt sie sich, ist Liebe, was ist Schicksal, wie bleibt man sich treu? Von Toronto nach Miami, New York und wieder zurück, führt Sheilas zuweilen sehr komische Erkundungsreise sie - und uns - in immer fruchtbareres, gefahrvolleres Gelände.
Verlag: rowohlt • Seiten: 335 Seiten • Fassung: Gebundene Ausgabe mit Schutzumschlag • Original: How should a person be?, Englisch • Übersetzer: Thomas Überhoff • Preis: ca. 18 Euro [D]
"Wir hatten uns zum Bruch verabredet."
Dieses Buch ähnelt keinem anderen Leseereignis. Das hat noch nicht mal was mit den Dialogen oder den verschiedenen Akten zu tun, es hat mit Sheila Hetis Sprache zu tun und ihren einzigartigen Ideen. Auch wenn es ein Werk der Literatur ist, ist es auf wahren Gesprächen mit ihren Freunden, wie zum Beispiel mit Margaux, die im Buch als herrlich künstlerisch und hin und her gerissen zwischen ihrer und der Realität der anderen erscheint. Und auch die meisten anderen Personen gibt es wirklich, so Misha Glouberman, mit dem sie zusammen ein Buch mit dem unvergesslichen Titel The Chairs Are Where The People Go geschrieben hat.
Während dem Lesen ging mir so viel durch den Kopf, dass ich viele Stellen wieder und wieder aufgreifen musste, um sie vollständig zu verstehen. Das hat damit zu tun, dass Sheila Heti sich wohl ausprobiert. Sie mischt ihre verschiedenen Seiten und wenn manchmal kurzbündig nur das Nötigste steht, gibt es Sätze, die über eine halbe Seite lang und vor allem verstörend sind. Aber genau das macht das Buch aus. Denn von der Handlung haben wir nicht grosse Unterschiede. Sheila sucht sich in ihrem Leben, sucht ihre Freunde und Inspiration für ihr Theaterstück, an dem sie verzweifelt seit Jahren steckt. Die manchmal nicht ganz eindeutigen Gefühle sprechen für mich für höchste Authentizität. Daran erkennt man, das Sheila Heti nicht irgendwas zum Thema ihres ersten grossen Romanes macht, sondern teilweise fast autobiografisch ihre Lebenskrise niederschreibt, an der sie eben arbeitet.
Es ist wiedermal ein Buch, zu dem ich nicht viel zu sagen habe, weil es schon für sich selbst spricht. Und weil es halt in jedem etwas anderes hervorruft. Deswegen empfehle ich es euch nur von ganzem Herzen und wünsche euch eine spannende Lesezeit. Wer mich beim Lesen dieses Buches gerne begleitet hätte, kann das hier nachträglich noch so ein bisschen tun und mehr Einblicke in das Buch kriegen.
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Sheila Heti, geboren 1976 als Tochter ungarisch-jüdischer Immigranten in Toronto, wo sie auch heute lebt, veröffentlichte ausserdem den Roman Ticknor und den Erzählungsband The Middle Stories sowie, gemeinsam mit Misha Glouberman, eine Art künstlerischen Lebensratgeber, The Chairs Are Where The People Go, der vom New Yorker zu einem der besten Bücher des Jahres 2011 erkoren wurde. Sie organisiert in Toronto die stets ausverkauften Trampoline Hall-Vorlesungen, in denen Leute über Themen referieren, von denen sie keine Ahnung haben - eine Feier des Einfallsreichtums und des Exzentrischen. Ihr Roman Wie sollten wir sein? war 20212, als er in den USA erschien, eine literarische Sensation.
Das Buch fand ich schon während deines "Freitagabend-lesens" ganz interessant. Mir gefällt das Cover zudem unfassbar gut! Landet also sofort schonmal auf meinem Merkzettel!
AntwortenLöschenLiebe Grüße,
Karin
Oh, liebe Karin, ich glaube sofort, dass dir das Buch total zusagen würde! Das Cover mag ich auch ziemlich gerne! :D
LöschenLiebst,
Mara
Hey, du bis schneller als ich. Wurde beim Lesen abgelenkt und muss mit dem Buch noch mal anfangen. Man sollte es in einem/oder zwei Tagen durchlesen, finde ich. Die skurrilen Charaktere haben mich inspiriert, noch weniger Mainstream zu sein als ohnehin schon.
AntwortenLöschenWirklich tolle Rezi! Das Buch ist mir aufgefallen nicht nur wegen seines Covers sondern auch wegen der interessanten Klappentextes.
AntwortenLöschenLG Piglet <3