Wir haben im letzten Monat beide ein Theater im Zürcher Schauspielhaus gesehen und möchten euch gerne von diesen Erlebnissen erzählen und euch unseren Schritt in die wilde welt etwas näher bringen.
F R A U S C H M I T Z - Anaïs
An Silvester habe ich dem Schauspielhaus mit meiner Familie einen kleinen Besuch abgestattet. Ich war sehr gespannt auf das Theater, zumal ich bisher jedes Stück im Schauspielhaus unbeschreiblich gut und prägend fand - dementsprechend waren auch meine Erwartungen nicht zu klein. Das Stück von Lukas Bärfuss war auf jeden Fall auch ein wahnsinnig gute und tolle Darbietung, keine Zweifel. Es geht darum, dass die Existenz der Firma auf dem Spiel steht und jemand nach Pakistan reisen muss, um dort fürs Rechte zu Sorgen. Die Mitarbeiter, grossartige Schauspieler übrigens, schicken die Frau Schmitz. Gespielt von einer Frau, spindeldürr und in einem Herrenanzug macht sie sich auf den Weg nach Pakistan und rettet prompt die Firma. Das Problem ist nur, dass man nicht weiss, ob diese Frau Schmitz nun eine Frau oder ein Mann ist. Ein spannendes Thema, die klassische Genderfage. Die war es auch, die überhaupt erst Interesse in mir geweckt hat und die schliesslich zu einem Kauf der Tickets führte. Als Schülerin mit keiner Berufserfahrung, war das Stück eher grenzwertig. Es wurden ständig und immer irgendwelche Anspielungen gemacht, die man als nicht arbeitende Person, einfach nicht ganz so lustig findet, wie die anderen, oder gar nicht erst versteht. Ich konnte der Handlung und allem trotzdem folgen und habe es auch sehr genossen in diesem Theatersaal zu sitzen und die ganze Kraft des Stückes in mir aufzunehmen. Gerade vielleicht weil mir der Inhalt nicht hundertprozentig zugesagt hat und mich die Schauspielkünste sowieso immer sehr interessieren, habe ich nämlich ein Paar äusserst interessante Dinge beobachtet. Drei Schauspieler haben nämlich während des Stückes einen Lachanfall gekriegt und hatten Mühe sich wieder einzukriegen. Das ist natürlich ein Fehler, der nie passieren darf, aber ehrlich gesagt machte es sie ziemlich sympathisch. Sie haben nämlich dennoch gut gespielt. Und zu ihrer Verteidigung muss ich natürlich erwähnen, dass alle Schauspieler in einer Reihe auf Stühlen gesessen haben und nur diejenigen, die gerade am Sprechen waren, beleuchtet wurden. Die drei waren zu diesem Zeitpunkt unbeleuchtet und sie waren direkt in meinem Blickfeld - sehr witzig. Für meinen dreizehnjährigen Bruder war es wohl eine falsche Theaterwahl für ein erstes Stück, aber das kann ja nur etwas Positives heissen: Es wird bald wieder Zeit zu viert eine neue Darbietung anzuschauen.
D I E V E R W A N D L U N G - Mara
Kafkas Stück enthält bis heute ein Brisanz, der wir uns nicht entziehen können, und die zugegebenermassen auch nicht immer ganz verstanden wird. Ich habe die kurze Novelle bereits gelesen, bevor wir sie auch in der Schule nochmals näher betrachteten, und ich war sehr erstaunt, wie sich ein Grossteil der Klasse auf den belanglosen Teil stürzten, der definitiv nicht die Aussage des Stückes ist, sondern bloss der Auslöser. Für alle, die die Handlung nicht kennen - Gregor Samsa lebt mit seiner siebzehnjährigen Schwester und den Eltern der beiden in einem Haus, sie sind weder arm noch besonders reich. Schnell erfahren wir, das Gregor als einziger der Familie einen Beruf ausübt, und diesen besonders fleissig und mit hohem Aufwand. Deswegen stösst es auch auf grosse Verwunderung, als er einmal nicht um Viertel nach Fünf ausser Haus ist, sondern seine Schuhe noch auf ihrem Platz stehen und er wohl schlafend in seinem Zimmer steckt. Und dann wird die Familie mit der Ursache konfrontiert - Gregor hatte sich nämlich über Nacht in einen Käfer verwandelt. Die ganze Idee ist natürlich konfus und dabei höchst kafkaesk, aber ist auch eine Metapher für das grundsätzliche 'Anders-Sein', nicht der 'Norm' entsprechen. Natürlich hat das im Vorhinein in meiner Freundesgruppe, mit der ich das Schauspielhaus besuchten, viele Diskussionen ausgelöst - wie genau wurde das nun wohl umgesetzt? Ich möchte nicht zu viel verraten, aber neben der unglaublichen schauspielerischen Leistung des Schauspielers von Gregor Samsa, bat Claudius Körber auch ein atemberaubendes, akrobatisches Spektakel. Diese Umsetzung hat mir gut gefallen, das der Insektenkörper immer noch menschlich ist und auch normal redet und nicht irgendwie komisch erschaffen wurde, und es entspricht auch dem ausgesprochenen Wunsch von Kafka, niemals ein wirkliches Insekt aus Gregor Samsa zu machen und auch die Frage, ob diese Metamorphose bloss Einbildung ist, nicht zu beantworten. Und auch wenn seine Familie auch in der Novelle die sind, welche eigentlich einen Wandel durchmachen, war das hier für mich sehr überspitzt und manchmal auch ein bisschen gehetzt und unnatürlich vorgekommen, irgendetwas ging zu schnell und war nicht wirklich nachvollziehbar, ganz im Gegensatz zum Buch. Die Schlichtheit des Stücks aufgrund von bloss fünf Schauspielern stand in schönem Kontrast zum unglaublich aufwändig konstruierten Bühnenbild, welches von Börker Jonssun erschaffen wurde und toll zur Annäherung an das Stück passte, die der isländische Regisseur Gisli Örn Garðarsson für das Stück einschlug. Und so würde es auch lange weiter gehen - das hat mir gefallen, dies eher weniger. Beispielsweise fand ich die visuelle Gestaltung der Perspektivelosigkeit, in welche sich die Familie fast schon verrennt, schön dargestellt, und war bei den komischen Szenen oft hin und hergerissen, ob ich diese jetzt passend und wirklich witzig finde oder ausgesetzt und gesucht - aber so geht es mir oft. Fakt ist, das ich Kafkas Novelle über scheinbare und wirkliche Unmenschen sehr liebe und auch als Theater genossen habe und dieser Inszenierung auch viel abgewinnen kann, aber doch nicht einfach gesamthaft Gisli Örn Garðarsson perfekt fand.
Ahh, ich bin soeben auf euren Blog gestoßen und bin wirklich total begeistert! Mir gefällt der Header unglaublich gut :)
AntwortenLöschenIns Theater gehe ich leider viel zu selten, obwohl ich es eine sehr gelungene Abwechslung zu dem sonst normalen Alltag finde.
Viele liebe Grüße, Julia ☾ | www.serendipityblog.de
Liebe Julia,
Löschenvielen lieben Dank, das freut uns enorm zu hören! Ich habe auch gerade einmal auf deinem Blog nachgeschaut und etwas herumgestöbert. Er ist echt schön gestaltet und hat in mir gleich eine sommerliche Boho Stimmung ausgelöst! Ich freue mich dich nun weiterhin etwas zu verfolgen... :)
Allerliebst, Anaïs