Diesen Monat habe ich zwei Theaterstücke und einen Poetry Slam gesehen und möchte euch hier in diesem Post etwas näher erzählen, wie ich diese Abende erlebt habe und wie mir die Stücke gefallen haben. Am Mittwoch erscheint hier auf unserem Blog auch noch unser Monatsrückblick in dem ich normalerweise auf diese Stücke eingehe, aber da ich ziemlich viel zu sagen habe, wäre der Monatsrückblick ansonsten etwas zu lang geworden, deshalb hier: Ein Schritt in die wilde welt der Theater- und Dichtkunst.
Poetry Slam im Miller's Studio
Mein Vater hat mir letztes Jahr zur Konfirmation 9x zwei Ticketgutscheine für neun verschiedene Theater in Zürich geschenkt. Ich kann dann für jedes Theater einen Gutschein anfordern und wir gehen gemeinsam ein Stück anschauen. Das Miller's Studio und die folgenden Theater, die ich besuchen durfte, sind ebenfalls in diesen Gutscheinen enthalten. Ein Poetry Slam ist somit eigentlich kein richtiges Theater, aber ich habe schon immer mal einen besuchen wollen und da ist mir die Gelegenheit einfach perfekt gekommen. Es war kein gewöhnlicher Slam wie man es sich gewohnt ist, es war ein so genannter Giant Poetry Slam. Julian Heun hat gegen Thomas Spitzer gebattelt. Das Publikum spielt bei so einem Slam keine geringe Rolle. Nach jedem Gedicht, das vorgetragen wird muss der Zuschauer / die Zuschauerin applaudieren und wer den stärkeren Applaus erhalten hat, erhält einen Punkt. Der Anfang des Abends war schon einmal gut: Thomas Spitzer kam etwa eine halbe Stunde zu spät, weil sein Zug über zwei Stunden Verspätung hatte. Julian Heun legte vor und erzählte uns, dass er sich erst vor kurzem mit seiner Freundin getrennt hat und dass er jetzt wieder in Clubs gehen kann um Frauen kennenzulernen. Er hat zwei verschiedene Texte über diese Trennung und die Clubbekanntschaften erzählt, höchst amüsant. Von Thomas Spitzer folgten Texte über das Leben ohne Alkohol, seine Liebe zum Dönerladen bei ihm in Köln und darüber, wie er Chinesen in China beigebracht hat deutsche Gedichte zu schreiben und wie deren Verwendung von Sprichwörtern amüsant sein können. Ein Beispiel hier. Anwendung des Sprichworts: Der Vater mag Apfelmus, der Sohn Apfelsaft. Sprichwort: Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm.
Er war politisch sehr inkorrekt, aber auf eine Art, die ganz schwer zu beschreiben ist. Es war teilweise so daneben, dass es eben gerade wieder okay war und einem einfach nur noch lachend sitzen liess. Ein Beispiel, das dies nicht unbedingt zeigt, aber die Art seines Humors widerspiegelt: Er hat uns zum Beispiel die Vor- und Nachteile einer Burkaträgerin vorgestellt. Vorteil ist: Niemand merkt, dass du eine schlechte Bauchrednern bist und Nachteil ist, dass du falls du eben mal furzen musst, den Gestank unter deiner Burka aushalten musst... Julian Heun blieb da einiges korrekter und hat auch die 'harmloseren' Texte erzählt: Er hat einen über seine Oma vorgelesen und darüber wie froh er ist, dass er endlich sein 'Scheiss- Germanistik Studium' abgeschlossen hat. Ein Gedichtabschnitt von dem attraktiven jungen Mann ist mir besonders stark in Erinnerung geblieben: Einmal war er am Morgen früh beim Flughafen, er war noch betrunken und hat dann erschreckend festgestellt, dass er keinen Pass dabei hatte. Er hat dann in seinem Portemonnaie gewühlt und einen ewig abgelaufenen Ausweis gefunden - seine letzte Chance. Er hat ihn der Frau am Schalter entgegen gestreckt und sie hat mit nur einem Blick darauf gesagt: "Herr Heun, diese Karte ist abgelaufen". Er war einfach zu müde irgend eine gute Ausrede aufzutischen und sagte: "Ich will aber trotzdem fliegen!" und da gab sie ihm den Boardingpass. In dem Gedicht ging es dann weiter darum, was man wohl alles anstellen kann mit einer solchen Ausrede! Stellt euch nur vor, ihr ginget in einen Klub und jemand weist euch ab... Ich könnte die beiden jungen Herren noch ewig zitieren, dieser Slam war ein grossartiges Erlebnis! Ich habe so viele Tränen gelacht und auch mein Vater hat sich sichtlich amüsiert. Leider war das gerade der letzte Slam vor der Sommerpause, aber definitiv nicht mein letzter Besuch im Miller's Studio. Ich möchte unbedingt wieder hingehen und mit meinen Freunden einen lustigen Abend verbringen.
The Show must go wrong im Theater am Hechtplatz
Das Theater am Hechtplatz ist ein kleines Theater, in dem ich früher einige Kinderaufführungen gesehen habe, wie zum Beispiel Dornröschen oder Das kleine Gespenst. Vor zwei Jahren war ich einmal mit einer Freundin dort, wir haben die Komödie West Side Story gesehen und uns gekübelt vor Lachen. Es war grossartig und hatte unseren Geschmack getroffen. Diese Vorstellung, die ich nun mit meinem Vater im Rahmen unserer Theatertour durch Zürich gesehen habe, war auf einem ganz neuen Level. Slapstick pur und britischer Humor war auch vertreten, leider nicht ganz so dezent. Es war radikal. Aber zuerst einmal zur groben Handlung: Es wird ein Theater auf der Bühne vorgetragen, Mord auf Schloss Haversham heisst dieses Stück. Leider geht alles schief. Und meine Betonung liegt auf ALLES. Eigentlich fängt die Katastrophe schon vor Beginn des Stücks an, Schauspieler gehen durch die Reihen und suchen einen Hund, sie reparieren letzte Requisiten auf dem Bühnenbild. Dann geht es so weiter, dass zwei verschiedene Personen die gleiche Einleitung zum Stück vortragen. Im Vorhinein verschlossene Türen können nicht mehr geöffnet werden und Requisiten sind am falschen Ort. Anstelle eines Stifts und Blocks werden einfach Schlüssel und Blumenvase verwendet - why not. Alles scheint von den Wänden zu fallen, Schilder und Gemälde fallen verschiedenen Leuten auf den Kopf. Schauspieler werden bewusstlos, Techniker müssen die Rollen übernehmen und einspringen. Es wird ein falsches Getränk verwendet, hoch giftig, die Gäste auf dem Schloss prusten die Flüssigkeiten wieder aus. Der ganze oberer Stock des Bühnenbilds kracht zusammen, der Lift funktioniert nicht mehr - ein einziger Schlachthof. Jemand vergisst sein richtiges Stichwort und der Dialog muss fünf Mal wiederholt werden. Eine Schauspielerin ist erneut bewusstlos geworden und hat sich im Uhrenschrank verstecken müssen. Die Männer hieven an Stelle von ihr den ganzen Schrank auf die Couch und streichen ihr die Haare, bzw. die Zeiger aus dem Gesicht. ("Die tickt ja nicht mehr richtig!"). Sehr plumper Humor, ich kam mir vor wie bei Upps die Pannenshow - einfach im Theater. Mir war es richtig unangenehm zwischen allen Menschen zu sitzen, die sich kaum mehr auf den Sesseln halten konnten, weil sie es so lustig fanden. Mein Vater und ich haben uns einige Blicke zugeworfen, die so viel sagten wie: Wo sind wir denn hier gelandet? Und OH MEIN GOTT das Telefonkabel ist gerissen. Ich musste nie richtig von Herzen lachen, ich habe gelacht, weil die ganze Situation so absurd war und weil es so lustig war zu sehen, was das Publikum um uns herum für witzig hält. Es war auf jeden Fall ein einmaliger Abend, sehr skurril. Ein klitze, klitze, kliiiitze kleines bisschen übertrieben, aber nur ein bisschen... Trotzdem musste ich seither an einige besonders bekloptte Momente denken und amüsiere mich dabei köstlich. Ich werde allerdings in näherer Zukunft keinen Fuss mehr in das Theater am Hechtplatz fassen, es scheint mir typisch, dass hier irgend welche Leute, die das Gefühl haben, sie würden jetzt Kultur sehen, aufkreuzen. Ich will mehr sehen als zerstörte Bühnenbilder!
Erneut habe ich es mit einem nicht vollkommenen Stück zu tun gehabt. Oimoi ist eine Theatergruppe bestehend aus vier jungen Leuten, die gemeinsam ein Stück inszeniert haben. Es begann um 20 Uhr und es war ein Theater im Theater. Die vier haben sich nicht einigen können, wer von ihnen jetzt von der Brücke springt und sich umbringt. Als Schauspieler konnten sie das irgendwie nicht verantworten. Sie hatten nur noch eine einzige Stunde bis zum Vorstellungsbeginn, aber eben, der Knackpunkt war noch nicht untereinander ausgemacht. Die Sprache war sehr hochgestochen und der Inhalt gab eher wenig her. Die Ausgangslage, Suizid zu thematisieren, fand ich sehr spannend, aber irgendwie ging es am Schluss gar nicht darum herauszufinden, ob Suizid eine Lösung ist, oder weshalb es überhaupt zu dieser Entscheidung kam, sondern eher darum, welcher Schauspieler jetzt Selbstmord begeht. Auch hier war das Publikum sehr interessant zu beobachten, hauptsächlich Theaterschüler und angehende Schauspielern und deren Eltern. Ein wenig familiäre Stimmung. Es war nicht wirklich lustig, es gab keinen wirklichen Inhalt und es war viel zu heiss. Auch die schauspielerische Leistung, die solide war, aber nicht überragend, hat mich nicht ganz überzeugt. Ich weiss gar nicht genau, was ich noch gross zum Stück sagen soll, ich hätte mehr erwartet. Aber gerade die Abwechslung und die Diversität der verschiedenen Theater, die ich mir in letzter Zeit angeschaut habe, finde ich so spannend und sie hilft mir auch eine Perspektive zu bekommen - ich weiss, was ich mir in Zukunft anschauen möchte und vor allem weiss ich auch, was ich gerne selber spielen möchte. Inspiration auf eine andere Art, rückwärts irgendwie... Heute Abend gehe ich aber ein anderes Theater schauen und ich hoffe sehr, dass mich das wieder einmal begeistern kann!
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