boys don't cry | livresque amitié + Veranstaltung

07 Juni 2017

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Hier erzählt eine Freundschaft von ihrer Liebe zu Worten, dem Schreiben und Büchern.

Wir suchen uns Bücher aus, die uns faszinieren und lesen diese dann gleichzeitig. Während und unmittelbar nach dem Lesen behalten wir unsere Gedanken nur bei uns und widmen sie einzig einem Notizbüchlein. Später tauschen wir dieses dann aus um an der Meinung der jeweils anderen teilzuhaben. Hier erfahren wir dann, ob wir das Gelesene gleich empfanden oder ob es Differenzen in unseren Ansichten zum Buch gibt. In den folgenden Beiträgen dieser etwas anderen Buchbesprechung werden auch die Seiten unserer Notizbüchern abgebildet, damit auch ihr als Aussenstehende zwei oder mehr direkte Auffassungen von ein und demselben Buch zu lesen habt. Wir sind wahnsinnig gespannt auf dieses Experiment, in dem wir euch einerseits Bücher vorstellen, die Mara und Anaïs gemeinsam gelesen haben und andererseits auch Bücher, die wir in unserer Lesegruppe mit anderen Freunden lesen!


Männer weinen nicht. Sollten sie aber, denn sie haben allen Grund dazu: Starre Männlichkeitsbilder beherrschen noch immer die Identifikationsangebote – sei es in Erziehung, Beruf, Werbung oder Mainstream-Medien. Stark, unbesiegbar, wild und immer auf der Gewinnerspur sollen Männer sein, ob sie wollen oder nicht.
Jack Urwin hat genug davon. Es reicht ihm nicht, dass der starke Mann heute auch mal weinen oder Elternzeit nehmen darf, sondern er fragt, warum Männer überhaupt stark sein müssen. Warum messen wir Menschen noch immer an Stereotypen, wo es uns ohne doch viel besser ginge? Dieses Buch ist der Beginn einer längst überfälligen Debatte darüber, wie eine positive, moderne Männlichkeit aussehen kann und wie wir dahin gelangen können, sie zu leben.
Teils Essay, teils persönliches Manifest, ist »Boys don’t cry« eine witzige und scharfe Auseinandersetzung mit toxischer Maskulinität und ihren Folgen – und ein Plädoyer für einen anderen Umgang miteinander.



Anfang Mai haben wir eine Lesung im Literaturhaus Zürich zu diesem Buch besucht. Es war ein toller Abend mit unseren Freundinnen, hat uns aber nicht unbedingt viel Inspiration gegeben oder uns neue und wichtige Dinge auf den Weg gegeben. Wir haben zu diesem Zeitpunkt das Buch beide schon gelesen und haben uns in der Annahme, dass alles so unendlich oft repetiert wird, sehr bestätigt gefühlt. Der Moderator, der durch den Abend geführt hat, war eher fast schon etwas daneben und auch Jack Urwin selbst, schien sichtlich genervt. Dennoch ist das Buch ein wichtiges Werk - nicht nur Frauen haben es schwer in der heutigen Welt, auch Männer.

MARA



Jack Urwins Buch so kurz zusammen zu fassen ist keine leichte Aufgabe, wirbeln meine Gedanken dazu doch so aufgeregt in meinem Kopf. Grundsätzlich konnte ich dem Buch zwar viele neue und interessante Ansätze so wie Aspekte entnehmen, aber den Hype finde ich tatsächlich nur mässig gerechtfertigt. Viele von Urwin verteidigte Ansätze wirken auf mich noch jung und unausgereift und etwas... staksig. Genauso ein bisschen seine Schreibweise, weder lustig noch wissenschaftlich, ein seltsames, komisch geschaffenes Dazwischen. Mit diesem Schreibstil wiederholt er gewissse Argumente unzählige Male und bleibt auch dann noch an der Oberfläche, wenn ich Tiefgang erwartete - dieses 'Anschneiden' finde ich besonders bei so wichtigen Themen sehr schwierig. Ich stimme Jack Urwin natürlich zu: diese intensiv und auf der oberflächliche Stärke fokussierte Männlichkeit ist toxisch, das Patriarchat schadet auch Männern. Aber an der Umsetzung hat es teilweise gehapert. Urwin erzählt, dass Laurie Penny ihn für das Buch motiviert hat, ihm gesagt hat, er soll es schreiben - es wirkt ein bisschen erzwungen, und das ist schade, denn Urwin ist gescheit und seine Ansätze genauso.

ANAÏS



Ich war unglaublich gespannt auf diese Buch. das Erste, das die Männlichkeit als Problem ansieht und darüber schreibt. Ich habe sehr viele neue Aspekte gewonnen und fühle mich so weit informiert, dass ich das Gefühl habe, mit anderen Leuten eine gute Diskussion führen zu können und dabei meine und Jack Urwins Auffassungen zu vertreten. Schon während der Lektüre fand ich aber, dass der Autor sich oft wiederholt und zwar viele Themen ansprach, aber jeweils nur an der Oberfläche kratzte. Ich finde, er hätte hier einiges mehr herausholen können. Von der Besprechung im Literaturhaus habe ich dann leider nichts Neues mehr mitnehmen können. Jack Urwin ist immer wieder zu gleiche Studien zurückgekehrt und es scheint mir, als ginge sein Wissen nicht über sein Buch hinaus. Die Aussage ist aber gründlich bei mir angekommen - Wir müssen aufhören, Männern das "Männlichsein" einzureden. Männer müssen bereit sein das "Männlichsein" abzulegen, über ihre Gefühle zu reden und sich allenfalls Hilfe zu holen. Wir müssen gemeinsam versuchen die massiv höherer Selbstmordrate bei Männern zu senken. Wir müssen mehr Männern - und natürlich auch mehr Frauen dieses Buch zu lesen geben, damit sich in unseren Köpfen etwas verändert. Die alten Sitten müssen durch neue ersetzt werden. Wir sollten das Gespräch suchen, wir sollten es nicht mehr schwer haben zu lesen. Als Frau und als Mann nicht.


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