Homo Faber, Schauspielhaus Zürich (Pfauen)
Auf dieses Theaterstück war ich sehr gespannt. Von verschiedenen Seiten habe ich gehört, dass das Buch unfassbar toll ist und auch mehrere Bekannte haben mir von diesem Stück im Schauspielhaus Zürich vorgeschwärmt. Die Besonderheit daran ist, dass das gleichnamige Buch von Max Frisch ein Roman ist und kein Theaterstück. Es hat mich sehr gewundert, wie diese spezielle Situation gemeistert wird und wie weit wir das als Zuschauende erkennen können. Das Bühnenbild bestand aus einem riesigen Laufband auf dem Texte und Bilder projiziert wurden. Das Band lief die ganze Zeit über und die Schauspieler spielten darauf wie auf einer extra Bühne. Der "Lauftext" machte das ganze Bühnenbild lebendig und ich konnte kaum den Blick abwenden. Nur ab und zu schweifte er auf die Bühnenseiten zu zwei Monitoren, die die gesamten Dialoge auf Englisch übersetzen, ab. Wie ich finde, ein sehr tolles Beiwerk des Schauspielhauses extra für englisch sprechende Touristen. Die Hauptperson Walter Faber, ein soweit rational denkender Mensch, erlebt ein Missgeschick nach dem anderen. Und durch Zufälle - oder was es nun eben immer auch sein mag, trifft er auf seine ihm unbekannte Tochter und lässt sich auf eine Liebesromanze mit ihr ein. Das Stück wird immer dramatischer und endet schliesslich auch sehr tragisch. Jedoch scheint Walter Faber die längste Zeit nicht zu erkennen, oder nicht wahrhaben zu wollen, dass seine junge Liebschaft seine eigene Tochter ist. Eine wahnsinnig tolle Darbietung, eine grandiose Interpretation und noch viel tollere Schauspieler und Schauspielerinnen machten den Abend mit meinem Vater zu einem einzigartigen Erlebnis. Für dieses schöne Stück hat das Schauspielhaus einen Trailer gemacht, den ihr gerne hier anschauen könnt.
Die zehn Gebote, Theater im Schiffbau
Auf dieses Stück war ich so gar nicht gefasst. Es ist gekommen, hat mich völlig überrumpelt und ist immer noch in meinem Kopf wie ein kleines Spukkarussell - es war absolut bombastisch. Es begann bereits um 19 Uhr, was für Theaterabende recht früh ist, und dauerte bis 23 Uhr. Ganze vier Stunden sass ich mit meinem Vater im Schiffbau. Bereits beim Vorzeigen der Tickets wurden die Zuschauer in vier Gruppen eingeteilt, A - M - E - N, wir waren in der letzten Gruppe. Im Saal angekommen wurde man von lauter Musik empfangen, etwa zehn Schauspieler_innen sassen und standen im Nebentheater und feierten zu Liedern der Band 'City Death'. Der grosse Raum, in dem wir uns als Zuschauer befanden, war so gestaltet, als befänden wir uns in einer einzigen riesigen Kirche. In diesem Hauptraum, wurde zunächst ein etwa dreissig Minuten ein erstes Gebot vorgeführt, was alle Gruppen gesehen haben. Ein fulminanter Start, der mir bereits sehr Eindruck gemacht hat. Vor der Pause sahen worin unserer Gruppe zwei weitere Szenen an. In jedem Raum wurde ein Gebot gespielt. Zwei der zehn Gebote haben alle Gruppen gesehen, da diese in der grossen Kirche spielten, die restlichen Acht waren in die verschiedenen Räume aufgeteilt - als einzelner Zuschauer einer Gruppe hat man nur sechs Gebote gespielt gesehen, jede_r sah an diesem Abend eine andere Darbietung. Es war ein wahnsinnig gutes Theater, sehr düster, sehr ernst und sehr prägend. Neben der grossen Kirche gab es noch vier weitere Räume. Einer war so angerichtet, wie eine Wohnung, aber egal, wo wir hingesessen wären, wir hätten die Schauspieler_innen trotzdem gesehen. Diese Kulisse hat mir am besten von allen gefallen, sie war so schön ins Detail geschaffen und erzählte für sich allein bereits eine kleine Geschichte. Der zweite Raum war ein kleiner Theaterraum, der auch als solcher beschrieben wurde. Eine Bühne vorne und wir Zuschauer sassen wie gewohnt auf unseren Sitzen. Da wurde uns das Gebot 'Ehre deinen Vater und deine Mutter', näher gebracht.
Für den nächsten Raum mussten wir lange in ein Untergeschoss gehen und kamen dann in einer Art Keller an - die Kulisse hier war ein Krankenhaus. Überall lagen Krankenbetten und die Schauspieler_innen trugen Ärztekittel, oder waren Patienten. Der letzte Raum war im Gegensatz zu den anderen keinem bestimmten Ort angeordnet. Er bestand aus einer langen Tischreihe mit ganz vielen Bildschirmen. Eine Schauspielerin, sass in der Mitte der Tischreihen und sprach in eine Kamera. Wir bekamen auf den Displays eine Liveübertragung des Gesagten zu sehen. Allgemein wurde sehr viel mit Video gearbeitet - es gab Momente, in denen eine Gruppe von Schauspielern mit Kameraleuten in einen anderen Raum gewechselt hat, dabei haben die Leute eine Videoübertragung abgespielt bekommen. Ihr merkt - es war alles sehr verstrickt und ist sehr kompliziert zu erklären. Jede Situation meint schief zu gehen, skurrile Geschichten - alle geprägt von Schuld, von Verzweiflung, von Schmerz und Leiden. Mit lauter und leiser Musik werden wir durch den Abend begleitet, in lauten und in leisen Szenen. So schade, dass das Stück nicht mehr läuft, ich hätte es gerne noch einmal gesehen - in der gleichen oder in einer anderen Gruppe, ich hätte gerne noch einmal all diese tiefen Emotionen gespürt, noch einmal diese fantastischen Schauspieler spielen sehen und mehr und mehr verstanden. Nur bereits der Fakt, dass die Schauspieler und Schauspielerinnen vier Stunden Bühnenpräsenz hatten, macht dieses Stück eindeutig zum Besten, was ich je gesehen habe. Ich habe natürlich während des Theaters keine Bilder aufnehmen können, aber ich habe hier das offizielle Promovideo gesehen, mit ganz schönen visuellen Eindrücken - schaut es euch gerne an, es übermittelt die Stimmung nämlich sehr, sehr schön.
Alles muss glänzen, Theater Winkelwiese
Das letzte Theaterstück, das ich euch gerne vorstellen möchte, ist 'Alles muss glänzen' von Noah Haidle. Ich habe es mit meinem Vater im Theater Winkelwiese gesehen - das erste Mal, das ich da war. Ein extrem kleines Theater, es hat Platz für etwa dreissig Leute. Ebenfalls ein sehr tolles Stück. Ganz anders als die anderen beiden. Es ist ein modernes Stück und es spielt an einem einzigen Abend. Eine Hausfrau, die um jeden Preis einfach ihre Wohnung glänzend vorfinden möchte. Sie wartet seit einem Jahr auf ihren Ehemann, der sich auf die Suche nach Glück gemacht hat. Ihr schizophrener Sohn war ein Jahr lang in der Klink und kommt an diesem Abend endlich nachhause und die Tochter, geht zum Abschlussball. Während dieses Abends in dieser Küche passieren mehrere schreckliche Dinge. Es bringt sich eine Nachbarin im Bad um, die Mutter erhält Besuch von einem jungen Mädchen, das missioniert und versucht sie zu überzeugen, zu den Zeugen Jehovas zu konvertieren. Der alte Lateinlehrer unserer Hausfrau bricht mit einer Maske gekleidet bei ihr ein und versucht sie zu vergewaltigen. Sehr komisch und unglaublich grotesk. Allerdings blieb einem das Lachen auch etwas im Hals stecken. Trotz all diesen Begegnungen mit den unterschiedlichsten Menschen hat unsere Mutter nur ein einziges Ziel vor Augen: Alles muss glänzen. (Sie kritisiert sogar ihren jungen Sohn, der beim Putzen des Blutes der toten Nachbarin nicht ganz gründlich vorgegangen ist - im Detail liegt die Würze!). Daher ist das Theaterstück auch sehr gesellschaftskritisch. Auch hierfür habe ich einen Link des Theaters Winkelwiese zum Stück gefunden, den ihr euch gerne hier anschauen könnt.
Das waren also meine drei Theater Vorstellungen. Hoffentlich konnte ich euch meine Leidenschaft etwas näher bringen. Wie gefällt euch diese neue Rubrik?
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