Die Hälfte der Sonne von Chimamanda Ngozi Adichie | Buchbesprechung

07 Februar 2018

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Im Nigeria der Sechzigerjahre kommt der Dorfjunge Ugwu als Houseboy zu Odenigbo, einem linksintellektuellen Professor, bei dem er lesen und schreiben lernt. Als Odenigbos neue Liebe Olanna ihr privilegiertes Leben in Lagos verlässt, um mit ihm zu leben, wachsen die drei schnell zu einer kleinen Familie zusammen. 
Richard, ein englischer Journalist, der in Nigeria Inspiration für sein erstes Buchprojekt sucht, verliebt sich in Olannas ungleiche Schwester Kainene, die die Geschäfte der reichen, aber auch korrupten Familie leitet. Sie alle durchleben durch ihre je eigenen Kämpfe und Erfolge, doch teilen gemeinsam die große Hoffnung auf ein unabhängiges Biafra, das 1967 im Osten Nigerias, wo die Mehrheit der Igbo-Bevölkerung lebt, ausgerufen wird. 
Nur drei Jahre später versinkt das Land in einem blutigen Bürgerkrieg, der Olanna, Kainene und ihre Liebsten brutal aus ihren Leben reißt und alles Dagewesene ausradiert.



Bereits der erste Roman, den ich von Chimamanda Ngozi Adichie gelesen habe, konnte mich begeistern. Americanah hatte es mir angetan und mich helllicht begeistert. In der Rezension, die ich im Sommer dazu verfasst habe - hier kommt ihr dazu - habe ich euch lange vorgeschwärmt und nahegelegt, weshalb mir dieses Buch so gut gefallen hat. Spätestens da habe ich mich dazu entschlossen, mir ein weiteres Buch der nigerianischen Schriftstellerin zu kaufen, zu lesen und schliesslich zu rezensieren. Die beiden Romane haben viele Ähnlichkeiten - ziemlich naheliegend, da sie von der selben Autorin verfasst worden sind, jedoch unterscheiden sie sich auch in einigen Punkten, die Handlung ist eine ganz andere. Nigeria als Standort, ein für mich noch immer fremdes Land, eine ganz andere Kultur mit unterschiedlichsten Bräuchen und Idealen. Der Einblick darin hat mich sehr begeistert, ich finde das Lesen von Büchern, die in anderen Ländern spielen, bringt einem auf eine ganz spezielle und authentische Art und Weise etwas über fremde Kulturen bei und das habe ich sehr genossen. Hinzu kommt im Fall dieses Romanes, dass er sich in einer anderen Zeit abspielt. Das Buch ist in unterschiedliche Teile gegliedert wobei von den frühen und den späten Sechzigerjahren unterschieden wird. Ende Sechzigerjahre gab es in Nigeria einen schlimmen Bürgerkrieg, den die Bevölkerung aufspaltete. Chimamanda Ngozi Adichie erzählt nicht chronologisch und das hat mir auch schon in Americanah gefallen. 

Chimamanda Ngozi Adichie schreibt unglaublich schön, ich habe zwar "nur" die Übersetzung gelesen, die ich als sehr gut empfinde,  aber dass sie schön schreibt, ist mir schon länger bekannt. Seit ihrer Rede 'We should all be feminists' bin ich ein Fan ihrer Ausdrucksweise, ich bewundere die Art, wie sie Worte rüberbringt. Sie schafft es, eine Stimmung rüberzubringen, wie ich das sonst selten erlebt habe. Die Handlung des Buches ist nicht sehr gross, es passiert über das ganze Buch gesehen nicht besonders viel, aber ich spürte den Drang es zu lesen und zu erfahren, wie die verschiedenen Personen leben, wie sie mit neuen Situationen umgehen und wissen, wie sie sich fühlen. Alles ist ineinander verstrickt und das machte es für mich nur noch viel spannender. Die Hälfte der Sonne ist ein dickes Buch, das ich nicht besonders schnell durch hatte, obwohl ich täglich darin gelesen habe. Je länger ich daran war, desto mehr Gefallen habe ich an dem Buch gefunden, desto tiefer bin ich auch in die Geschichte eingetaucht und desto grösser war das Bedürfnis weiterzulesen. 


Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass es einem Grossteil der Leser*innen wie mir geht und dass sie sich diesem Roman gerne hingeben und ihn in sich aufnehmen, doch ebenfalls glaube ich, dass es einige starke Gegenstimmen geben wird und kann dies auch zu einem gewissen Punkt nachvollziehen. Wenn einem der Roman thematisch nicht zu sagt, dann kann man nicht viel erwarten, da sich ansonsten nicht viel ergibt. Es geht um Besitzverhältnisse, Familiengeschichten, es geht um die Liebe und das alles eingerahmt durch diesen Bürgerkrieg. Persönlich hat mir Americanah mehr zugesagt, die Aspekte des feministischen Blogs, den die Protagonistin Ifemelu da geschrieben hat und die beiden aufeinander prallenden Kulturen, haben mich begeistert. Hier haben wir zwar etwas Ähnliches, es werden immer wieder Teile von Richards Buch eingefügt, jedoch haben die mich nicht so stark interessiert. Mir reicht es, wenn ich die Stimmung eines Buches in mich aufnehmen kann und es mich somit in einen Bann ziehen kann, ich brauche nicht mehr. Doch wem das nicht genug ist, oder der auf etwas anderes in Büchern aus ist, dem würde ich es nicht ans Herz legen, dieses Buch zu lesen, dafür ist es zu dick und das Lesen wohl ein zu grosser Krampf. Auch wenn es gegen den Schluss wirklich noch einmal sehr spannend wird, die Lage spitzt sich zu und es werden noch einmal ein Paar wichtige und interessante Elemente besprochen. Die Lesereise war sehr aufregend! 
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